Strategische Untersuchungen zur Markterweiterung des AIRail Services am Flughafen Frankfurt

2001 
Zentrale Fragestellung dieser strategischen Untersuchung zur Markterweiterung des AIRail Services war, an welchen Bahnhofen mit welchen Airlines und mit welchem Geschafts- bzw. Betreibermodell der AIRail Service am besten angeboten werden kann. Nach der Einfuhrung des Lesers in den "State of the art" folgt eine Betrachtung von notwendigen Rahmenbedingungen, um das Produkt wirtschaftlich und logistisch erfolgreich anzubieten. Wahrend die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wegen Datenmangels aus Grunden der Vertraulichkeit nur konzeptionell bearbeitet werden konnte, lassen sich die logistischen Rahmenbedingungen auf folgende Anforderungen verdichten. Benotigt wird: • abschliesbare Container-Gepackabteile in den entsprechenden Zugen. • Platz fur einen Check-In Schalter am Bahnhof. • Bahnhofe, mit direkter Verbindung von und nach Frankfurt Fernbahnhof und moglichst mit einen treppenlosen Zugang zu den Bahnsteigen. Es wurden 23 Bahnhofe, die • in der Regel weniger als 300 Bahnkilometer vom Frankfurter Flughafen entfernt liegen, • ein nennenswertes Aufkommen haben und • uber eine Direktverbindung zum Flughafen verfugen. An diesen vorausgewahlten Bahnhofe wurde eine geographisch orientierte Marktanalyse zur weiteren Differenzierung durchgefuhrt. Darin wurde das Aufkommen und der Modal-Split 2000 sowie prognostische Aufkommen und Aufkommenswirkungen des AIRail Services 2015 regionalisiert ermittelt. Die Aufkommenswirkungen wurden dabei unter zwei unterschiedlich weitreichenden Ausbauzustanden betrachtet. Beim ersten Ausbauzustand verfugen die Bahnhofe Stuttgart, Koln, Dusseldorf und Nurnberg uber einen AIRail Service (MoU-Ausbauzustand), beim weiterreichenden Ausbau wird der AIRail Service an 44 Bahnhofen angeboten. Die Bahnhofe wurden vier Korridorren zugeordnet (Ruhrgebiet: Koblenz, Bonn, Koln, Dusseldorf etc. / Sud: Mannheim, Stuttgart+Rheinschiene mit Karlsruhe, Freiburg, Basel etc. / Hannover: Fulda, Kassel, Gottingen und Hannover / Nurnberg: Wurzburg und Nurnberg). Wichtigste Erkenntnisse sind: • Der Sudkorridor war am Aufkommen 2000 gemessen am starksten, gefolgt vom Ruhrgebiet. Etwa halb so gros sind die Aufkommen im Korridor Hannover und Nurnberg. • Das Bahnaufkommen in den betrachteten Korridoren zum Flughafen werden etwa so schnell wie der Luftverkehr wachsen, sich also bis 2015 rund verfunffachen und • die Aufkommenswirkungen weiterer (uber MoU hinausgehende) AIRail-Standorte im Ruhrgebiet sind relativ gering. Die sich anschliesende Kundenanalyse brachte die folgenden wesentlichen Ergebnisse: • Die Lufthansa hat einen im Vergleich zum Marktanteil am Flughafen geringen Bahnfeederanteil von "nur" ~ 25% (~ 60%) • Weitere 10 % Marktanteil im Bahnfeederanteil besitzen jeweils die Gruppen der restlichen Star-Allianz Airlines, die One-World und die Ferienflieger. Einzelne Airlines neben der Lufthansa spielen kaum eine Rolle. • Die Marktanteile der Airlines differieren nur im Sudkorridor markant. Hier sind die Ferienflieger uberdurchschnittlich stark vertreten. Anschliesend wurde noch die Raumstruktur ( Die Bedeutung der Bahnhofe fur die Region) und die Verbindungsqualitat (Frequenz und Geschwindigkeit) der Bahnhofe untersucht, um eine umfassende Bewertung der potenziellen Bahnhofsstandorte durchzufuhren. Folgende Hierachie entsteht, wenn man die 13 bestbewertesten Bahnhofe drei Attraktivitatsstufen zuordnet: Kategorie: Bahnhofe: TOP-Bahnhofe Koln, Stuttgart und Nurnberg Gute Bahnhofe Dusseldorf, Freiburg, Basel, Bonn/Siegburg, Hannover Grenzfalle Karlsruhe, Essen, Wurzburg, Kassel und Gottingen Leider ergeben sich fur die TOP-Bahnhofe Koln, Stuttgart und Nurnberg Einschrankungen, die in der bisher durchgefuhrten Bewertung keine Berucksichtigung finden konnten: • Koln und Stuttgart sind MoU-Bahnhofe, bei denen aufgrund der exklusiven Vertragslage zwischen Lufthansa und der DB eine Angebotsausweitung auf andere Airlines nur mit Zustimmung der Lufthansa oder mit zusatzlichen Gepackabteilen moglich sein wird. • Die Bedienung der Relation Nurnberg - Frankfurt Flughafen mit (umgebauten) ICE Zugen ist bei der derzeitigen Netzplanung 2003 der DB schlecht. Hier ist abzuwarten, welche Moglichkeiten sich durch die Netzplanung 2005 ergeben. Bezogen auf Korridore ergibt sich die Reihenfolge: Ruhrgebiet, Sud, Nurnberg, Hannover. Betrachtet man einen Ausbau uber MoU hinaus, liegt der Sudkorridor an erster Stelle. Im nachsten Abschnitt werden die technologischen Rahmenbedingungen betrachtet. Insbesondere den im Hintergrund laufenden elektronischen Daten-verarbeitungssystemen wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da diese wesentliche Kompetenzfaktoren der Beteiligten darstellen und unabdingbar fur das Funktionieren des logistischen Prozesses sind. Sie bilden zum einen die Grenzen des Machbaren, zum anderen bieten sie durch die Automatisierungs- und Vernetzungsmoglichkeiten hohe Synergiepotenziale. Die Entwicklung neuer Check-In-Systemen lauft am Frankfurter Flughafen auf Hochtouren und der AIRail Service ist in diesem Kontext eher ein kleiner "market-pull" Faktor. In diesem Sinn kann der AIRail Service, fur den die Flexibilisierung (Standort- und Airlineunabhangigkeit) essentiell ist, an technischen Marktentwicklungen emanzipieren. Aber aufgrund der Tatsache, dass sich Systemkompetenzen ein Unternehmen nur schwer aneignen kann, bilden sie auch hohe strategische Markteintrittsbarrieren. Darauf aufbauend ist eine Kompetenzmatrix angelegt worden, um abzuschatzen, mit welchen Aufwand es den verschiedenen Beteiligten moglich ware, sich die Kompetenz bestimmter Aufgaben anzueignen. Daraus ergaben sich mogliche Betreibermodelle mit unterschiedlich hohen Realisierungsaufwand, aber auch unterschiedlichen strategischen Vorteilen. Insbesondere das Joint venture Modell bietet sich an, weil hier die verschiedenen Partner ihre Kompetenzen einbringen und die Risiken gemeinschaftlich tragen konnen. Die in diesen Kapiteln gewonnenen Erkenntnisse munden in folgende Empfehlung: Wenn sich Lufthansa zu einer Kooperation (am besten in dem beschriebenen Joint venture) mit anderen Airlines bereit finden sollte, sollte dies zuerst im Rhein-Ruhrgebiet realisiert werden. Tut sie dies aus unternehmensstrategischen Grunden nicht, sollte der Sudkorridor (ohne Stuttgart) in Betracht gezogen werden, weil dieser der zweit starkste im Aufkommen ist und weil dort die umgebauten ICE 1 Zuge ab 2003 verkehren. Die weitere geographisch sinnvolle Erweiterung ist der Korridor Hannover als Verlangerung des Sudkorridors (gleiche Zuge!). Insbesondere Hannover konnte hier interessant sein. Dies hangt aber auch von den strategischen Interessen der Airlines ab. Nurnberg ist zwar vom Aufkommen her ebenfalls eine sehr interessante Alternative, hat aber einen ungunstigen Linienanschlus. Wenn eine Markterweiterung dieses Produktes auf dem Sudkorridor und gegebenenfalls auch auf dem Korridor Hannover durchgefuhrt werden soll, scheint eine zugige Projektierung dringend geboten. Wenn die Bahn ihre ICE 1 Zuge zum Fahrplanwechsel 2003 erst einmal wieder zuruck gebaut hat, wird sie in absehbarer Zeit kaum bereit sein, die Gepackabteile wieder einzubauen. Um diese Chance nicht verstreichen zu lassen, empfiehlt sich die Grundung eines Projektteams aus Vertretern der Bahn, des Flughafens und der BARIG (mit oder ohne Lufthansa), das einen Business Plan fur ein Joint venture erstellt. Bei der Buisness Planung sind die Produktvarianten der ZIV-Studie miteinzubeziehen. Sollte sich hier bis Anfang Sommer 2002 eine positive Wirtschaftlichkeit mit dem Planungshorizont 2010 abzeichnen, sollten die ICE 1 Zuge nicht zuruckgebaut werden und die Realisierung des Projekts durch das nun zu grundende Joint venture konnte beginnen.
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