Multimorbiditätsmanagement im Alltagsdilemma

2017 
Etwa 20–25 % aller Personen und etwa 90 % aller akut in einer Klinik fur Innere Medizin hospitalisierten Patienten weisen gleichzeitig mehrere akute oder chronische Erkrankungen auf. Sie sind multimorbid. Die Begegnung mit multimorbiden Patienten ist die haufigste Situation im Gesundheitssystem geworden. Theoretisch besteht bei Multimorbiditat eine kaum benennbare Anzahl moglicher Erkrankungskonstellationen. Zudem nehmen die Wahrscheinlichkeit von Interaktionen zwischen Erkrankungen („disease-disease interactions“ [DDI]) und die Komplexitat mit jeder hinzukommenden Erkrankung uberlinear zu. Multimorbiditat tritt haufig in typischen dyadischen, triadischen oder hoheren charakteristischen Kombinationsmustern auf, in „Krankheitssclustern“, z. B. aus vaskularen Risikofaktoren, Herz- und Lungenerkrankungen, Frailty (Gebrechlichkeit) und Demenz oder psychiatrischen und somatischen Erkrankungen. Solche Kombinationen fuhren zur Verschlechterung der Gesamtprognose und oft zu schwierig handhabbaren bis lebensgefahrlichen DDI. Beispiele fur DDI sind: Antikoagulation und gleichzeitige schwere Blutung, Schmerz und Hypertonie oder Niereninsuffizienz, Depression und verminderte Medikamentencompliance, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und Depression, Frailty und Psychopharmaka sowie haufige Sturze, psychiatrische und somatische Erkrankungen in Kombination. Solche DDI sind haufig. Trotzdem gibt es dazu nur wenige Studien und klinische Leitlinien. Die Betreuung multimorbider Patienten basiert auf Leitlinien zu meist gut untersuchten Einzelerkrankungen. Multimorbiditat und schwerwiegende DDI sind in diesen meist nicht thematisiert. Klinische Leitlinien konnen so ungewollt die Sicherheit von mehrfach erkrankten Personen gefahrden. Zudem geraten Arzte bei Therapieentscheidungen mit Bezug auf DDI in belastende Dilemmata.
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    28
    References
    8
    Citations
    NaN
    KQI
    []