Deutschlands Finanzierung des UN-Entwicklungssystems: Eine bessere Mischung für einen stärkeren Multilateralismus

2020 
Seit 2016 ist Deutschland nach den Vereinigten Staaten der zweitgroste Beitragszahler zum Entwicklungssystem der Vereinten Nationen (UNDS). Der groste Anstieg der deutschen Mittel entfallt auf zweckgebundene Beitrage, d.h. auf Mittel mit vorab festgelegten geographischen und thematischen Zielen. Die Finanzierung humanitarer Organisationen wie der Fluchtlingsorganisation (UNHCR), des Welternahrungsprogramms (WFP) und des Kinderhilfswerks (UNICEF) der Vereinten Nationen macht den Grosteil der deutschen Beitrage aus. Aber auch die entwicklungsbezogenen Mittel fur das Entwicklungsprogramm (UNDP), den Bevolkerungsfonds (UNFPA) und UN Women stiegen stark an. In jungster Zeit haben auch die Kernbeitrage, die von multilateralen Organisationen mit groserem Ermessensspielraum genutzt werden konnen, zugenommen, vor allem im Rahmen der Corona-Nothilfe (COVID-19). Die deutliche Zunahme signalisiert, dass Deutschland auch in Krisenzeiten Vertrauen in die UN setzt und ihnen eine grose Bedeutung beimisst. Es ist jetzt an der Zeit, dass Deutschland sein strategisches Interesse an einem starken und effektiven UNDS, das seine Ausenpolitik in den Bereichen Stabilisierung, Wiederaufbau, Flucht und Migration und Klima starken kann, ausdrucklicher anerkennt. Durch multilaterale Organisationen konnen Staaten mehr erreichen als allein. Zweckgebundene Mittel haben dem UNDS zwar geholfen, seine Handlungsfahigkeit und seinen Wirkungsbereich zu erweitern. Haufig haben sie aber viele negative Auswirkungen in Hinblick auf Effizienz, Effektivitat und Legitimitat. Zweckbindung ist aufgrund des Verwaltungsaufwands auch mit direkten Kosten fur deutsche Ministerien verbunden. Zudem agiert die Bundesregierung gegenuber dem UNDS uneinheitlich; es gibt Differenzen zwischen und innerhalb von Ministerien und Durchfuhrungsorganisationen. Fur Deutschland bringt die herausgehobene Position als zweitgroster Beitragszahler zum UNDS Verantwortung und Chancen mit sich, insbesondere in einer Zeit, in der der groste Geldgeber seine Finanzierung zurucknimmt. Um ein wirksamer Befurworter von Multilateralismus zu sein, muss die Bundesregierung ihr eigenes Haus in Ordnung bringen. * Sie sollte ihre Allokationsentscheidungen als ein Mittel zur Starkung des Multilateralismus und zur Unterstutzung von UN-Reformen betrachten und zu diesem Zweck auf eine ausgewogenere Finanzierungsmischung mit groseren Anteilen flexibler Mittel hinarbeiten. * Sie sollte ihr verstarktes Engagement im UNDS gegenuber der deutschen Offentlichkeit deutlicher kommunizieren und begrunden und die Koharenz ihrer multilateralen Bemuhungen erhohen. * Sie sollte die versteckten Kosten abschatzen, die beim Einsatz von Durchfuhrungsorganisationen entstehen, und interne Zweckbindungsrichtlinien im Einklang mit den im Rahmen des Grand Bargain (2016) und des UN Funding Compact (2019) eingegangenen Verpflichtungen verbessern. * Sie sollte die kurzlich angehobenen Kernbeitrage fur die UN-Entwicklungsorganisationen festschreiben, die strategische Bedeutung von Kernbeitragen anerkennen und auch verstarkt auf weichere Formen zweckgebundener Finanzierungen zuruckgreifen.
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