Die Vorlesung – nur schlecht, wenn schlecht vorgelesen: Warum eine gut gemachte Vorlesung einen Platz im Methodenrepertoire verdient

2020 
Die Vorlesung wird immer wieder als veraltete Lehr-Lern-Methode kritisiert, bei der die Studierenden nur passiv den Ausfuhrungen folgen oder sich sogar mit stofffremden Dingen beschaftigen, etwa Facebook oder Tagtraumen. Als Alternativen werden Lehr-Lern-Methoden vorgeschlagen, bei denen Studierende aktiver und selbstgesteuerter lernen. Bei dieser Kritik werden jedoch wesentliche Punkte ubersehen, so etwa dass es beim Lernen nicht auf die sichtbare Aktivitat, sondern auf die kognitive Aktivitat ankommt; diese kann auch in einer (guten) Vorlesung hoch sein. Zudem ist eine Vorlesung eine geeignete Methode, Studierenden Grundwissen in einem Bereich zu vermitteln; dieses Grundwissen ist eine wichtige Voraussetzung dafur, dass Studierende von kunftigen Lehrveranstaltungen, in denen sie selbstgesteuerter lernen (z. B. problemorientierte Veranstaltungen), profitieren konnen. Schlieslich hangt die Effektivitat von Lehr-Lern-Methoden, wie etwa der Vorlesung, ganz wesentlich von der Qualitat ihrer Umsetzung ab; eine gute Vorlesung tritt den potenziellen Nachteilen typischer Vorlesungen entgegen, etwa eingeschrankter Aktivierung von Vorwissen, Uberforderung der Informationsverarbeitungskapazitaten, oberflachlicher Verarbeitung des Prasentierten, eingeschrankter Nachbereitung des Vorlesungsstoffes und Fokus der Studierenden auf kurzfristigem Behalten von Fakten. Dieses Entgegentreten kann durch unterschiedliche instruktionale Elemente erfolgen, etwa durch Advance Organizer als Einstieg (Vorwissensaktivierung), sinnvolle Gestaltung und Nutzung von Folien (Reduktion der Anforderungen an Informationsverarbeitung), zwischengestreute Fragen, die Studierende per Smartphone beantworten (tiefere Verarbeitung des Prasentierten), Lerntagebucher zur Vertiefung des Stoffs (Nachbereitung) oder verstandnisorientierte Prufungsformen (Fokussierung auf Verstehen statt Faktenlernen). Die Realisierung von guten Vorlesungen erfordert jedoch didaktisches Wissen, welches viele Lehrende erst in entsprechenden Weiterbildungen erwerben mussten. Zusammenfassend gesehen ist eine gut gestaltete Vorlesung eine geeignete Methode, um wichtige Lernziele zu erreichen. Sie aus dem Werkzeugkasten der im Studium zu verwendenden Lehr-Lern-Methoden zu streichen wurde zu einer wenig sinnvollen Einschrankung im Methodenrepertoire fuhren.
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    56
    References
    0
    Citations
    NaN
    KQI
    []