Einflussfaktoren auf die Arzneimittelpreisbildung auf Unternehmensebene

2017 
Die Entwicklung der Arzneimittelausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist dauerhaft ein gesundheitspolitisches Streitthema. Dabei stehen vor allem die Arzneimittelpreise neuer, patentgeschutzter Medikamente im Fokus der gesundheitspolitischen Diskussion. In diesen Diskussionen wird haufig von „Mondpreisen“ gesprochen, die in keiner Relation zum Nutzen der neuen Arzneimittel stunden. Die Diskussion zwischen „Mondpreisen“ und der seitens der Arzneimittelhersteller notwendigen Preisen zur Amortisierung von Forschungs- und Entwicklungskosten greift zu kurz. Die vorliegende Analyse leistet einen Beitrag dazu, die Faktoren detaillierter zu beleuchten, die bei der Preisfindung forschender pharmazeutischer Unternehmen fur neue Arzneimittel eine Rolle spielen. Die Analyse folgt dabei der Perspektive des Arzneimittelherstellers. Zum einen muss das Unternehmen die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen berucksichtigen, die eine Untergrenze fur den erforderlichen Preis determinieren. Zum anderen bestimmt der Wert des Medikamentes in seinem Wettbewerbsumfeld eine Obergrenze fur den Preis. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive lasst sich festhalten, dass die umsatzstarksten Pharmaunternehmen einen hohen Reingewinn erzielen, die Dividendenrendite von 3% eine im Gesundheitssektor hohe Profitabilitat aus Sicht der Kapitalgeber ausweist. Die Pharmabranche erzielt im Vergleich zu anderen Sektoren wie der Technologiebranche oder dem Rohstoffsektor jedoch keine Uberrenditen. Unternehmensseitig stellen die Marketing-, Vertriebs- und Verwaltungs- (29%), die Herstellungs- (29%) und Forschungs- und Entwicklungs- (F&E) (17%) sowie die Kapitalkosten (14%) die wesentlichen Kostenblocke dar. Die Produktionskosten spielen in der Diskussion um Arzneimittelpreise eine untergeordnete Rolle, was bei der Grose dieses Kostenblocks erstaunt. Die vorliegende Studie erganzt die bisherigen, haufig kritisierten Schatzungen von F&E-Kosten um einen neuen Ansatz auf Basis der in Geschaftsberichten ausgewiesenen F&E-Kosten. F&E ist gepragt durch steigende Ausgaben, lange Kapitalbindung und eine Vielzahl nicht erfolgreicher Entwicklungsprogramme – nur eines von acht klinischen Entwicklungsprogrammen fuhrt zu einer erfolgreichen Zulassung. Die F&E-Kosten eines Arzneimittels inklusive der Weiterentwicklungen in andere Indikationsgebiete oder anderer Darreichungsformen liegen zwischen 2,2 und 3,1 Mrd. $ mit einem Mittelwert von 2,6 Mrd. $. Nur ca. 60% der Arzneimittel erwirtschaften die F&E-Kosten im Verlaufe des Produktlebenszyklus. Berucksichtigt man alle Kosten, so musste ein Arzneimittel durchschnittlich ca. 15 Mrd. $ Umsatz uber den gesamten Produktlebenszyklus erreichen, was nur von jedem vierten bis siebten Medikament erreicht wird. Die Preissetzung fur neue Arzneimittel erfolgt derart, dass eine notwendige Querfinanzierung von nicht erfolgreichen Arzneimittelentwicklungen und Medikamenten mit zu niedrigem Umsatz ermoglicht wird. Neben den betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen spielt letztlich fur die Preisfindung der Wert des Arzneimittels im Vergleich zu relevanten Wettbewerbsprodukten die entscheidende Rolle. In der Regel ist das Wettbewerbsumfeld durch einen monopolistischen Wettbewerb gepragt. Arzneimittelhersteller berucksichtigen in rationaler Weise Produkteigenschaften, die uber den patientenrelevanten Nutzen im AMNOG hinausgehen zur Preisdifferenzierung im wettbewerblichen Umfeld. Zu derartigen Produkteigenschaften zahlen Verbesserung von sogenannten Surrogatendpunkten, aber auch kurzere Behandlungsdauern, weniger invasive Darreichungsformen und langer getaktete, weniger haufige Arzneimitteleinnahme, welche einen Wert des Arzneimittels aus Sicht des Patienten widerspiegeln.
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