Analyse der Effektivität onkologischer Zweitmeinungen durch zertifizierte Onkologische Zentren

2016 
Hintergrund und Ziele: Im Zeitalter der komplexeren Therapien und der zertifizierten Strukturen gewinnt die Onkologische Zweitmeinung zunehmend an Bedeutung. Jedoch ist die Datenlage in Deutschland aktuell schwach. Eine Analyse der Effekte der Zweitmeinung durch ein Onkologisches Zentrum erscheint somit notwendig. Methoden: In der vorliegenden prospektiven Untersuchung wurden Onkologische Zweitmeinungen in Bezug auf Kongruenz der Erst- zur Zweitmeinung, Leitlinienkonformitat, Vermeidung von Uber- bzw. Untertherapien und Grunde fur die Entscheidung zur Einholung einer Zweitmeinung evaluiert. Patientinnen mit einem Mammakarzinom oder einer gynakologisch-onkologischen Erkrankung, die sich fur eine Zweitmeinung an der Frauenklinik des Universitatsklinikums Erlangen entschieden haben, erhielten vor und zwei Monate nach der Zweitmeinung einen Fragebogen zu Erwartungen an die Zweitmeinung, Grunden zum Einholen einer Zweitmeinung, zur Zufriedenheit mit der Zweitmeinung und zu psychoonkologischen Fragestellungen. Zusatzlich wurden die Erst- und Zweitmeinung, welche in der interdisziplinaren Tumorkonferenz festgelegt wurde, miteinander verglichen und arztlich evaluiert. Ergebnisse und Beobachtungen: Zum September 2016 wurden 164 Patientinnen rekrutiert. Das mediane Alter lag bei 50,9 Jahren (19,4 – 83,2). 75% (n = 123) der Patientinnen wiesen ein Mamma-, 9,8% (n = 16) ein Endometrium-, 7,3% (n = 12) ein Zervix- und 5,5% (n = 9) ein Ovarialkarzinom auf. In 34,8% war die Erstmeinung nicht leitlinienkonform (15,2% Diagnostik, 12,8% operative Empfehlungen, 13,4% Systemtherapie, 5,5% Strahlentherapie) und in 56,7% wurde die Empfehlung der Erstmeinung in der Zweitmeinung geandert (28,7% Diagnostik, 15,9% operative Empfehlungen, 30,5% Systemtherapie, 8,5% Strahlentherapie). Durch die Zweitmeinung fuhlten sich 89,7% der Patientinnen besser informiert und der weitere Informationsbedarf sank nach der Zweitmeinung deutlich ab (von 75,3% auf 39,2%). Unterschiedliche Grunde, die zum Einholen einer Zweitmeinung fuhren, wurden untersucht. Unter anderem war dabei fur 62,2% die extrem belastende Situation eine Motivation zur Zweitmeinung. 56,1% hofften auf eine Anderung der Therapieempfehlung durch die Zweitmeinung und 23,8% waren unzufrieden mit den erstbehandelnden Arztinnen und Arzten. Einen signifikanten Anreiz zur Zweitmeinung stellten in zunehmendem Alter die eigenen Kinder dar (p < 0,001). Schlussfolgerung: Die Onkologische Zweitmeinung durch ein zertifiziertes Onkologisches Zentrum hat bedeutsame Auswirkungen. Bei mehr als jeder dritten Patientin ist die Erstmeinung nicht leitlinienkonform. Bei einem bedeutenden Anteil wird der bestehende Therapieplan geandert/ erganzt, um moderne und individualisierte Therapiekonzepte zu ermoglichen.
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