Die Rolle der Übergeneralisierung in der Neurosenbildung

2006 
Die beiden Autoren beschreiben den Prozess einer neurotischen Erkrankung anhand zweier Fallbeispiele aus psychoanalytischer und aus kybernetischer Sicht. Ziel ist es, komplexe klinische Phanomene mithilfe der Methoden der kunstlichen Intelligenz und der Entscheidungstheorie zu modellieren und als Lerngeschichte abzubilden. Dann erscheint z. B. der Wiederholungszwang, dem eine Patientin unterliegt, indem sie ihr altruistisches Verhalten aus der Kindheit auf alle sozialen Situationen auch auserhalb der Familie ubertragt, als Folge einer Ubergeneralisierung, mit der sie negative Emotionen als Kosten fur Fehlentscheidungen vermeidet. Die Autoren zeigen, wie eine derartige Lerngeschichte in einem iterativen Prozess dazu fuhrt, dass die Patientin nicht mehr unterscheiden kann, ob ihr neurotisches Verhalten in der aktuellen sozialen Situation uberhaupt angemessen ist oder nicht. Die Schlussfolgerungen aus dieser Betrachtung stimmen wieder mit psychoanalytischen Behandlungserfahrungen gut uberein: Therapeutische Veranderungen lassen sich nicht allein mithilfe sprachlicher, also symbolischer Interventionen erzielen. Denn die unbewussten Phantasien werden nicht digital, sondern analog nach den Prinzipien neuronaler Netzwerke verarbeitet; sie mussen in der Ubertragungsanalyse erst affektiv erlebt und dadurch dem Bewusstsein zuganglich werden.
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