Entwicklung und Evaluation eines modularen, interpersonellen Gruppenprogramms zur Behandlung komorbider depressiver Patienten im stationären Setting

2017 
Hintergrund: Storungsspezifische psychotherapeutische Behandlungsprogramme, wie die Interpersonelle Psychotherapie oder die Kognitive Verhaltenstherapie, haben sich bei der stationaren Depressionsbehandlung in mehreren Studien als wirksam erwiesen. Sie gehoren mittlerweile zum state of the art der Depressionsbehandlung und werden in den nationalen S3-Leitlinie empfohlen. Dennoch stossen diese Interventionen an Grenzen, was Komorbiditaten und zugrundeliegende pathologische Mechanismen, wie beispielsweise mangelnde Empathie oder Emotionsregulation, anbelangt. Um der Komplexitat stationar behandlungsbedurftiger Depressiver Storungen und dem Implementierungsaspekt der vielen verschiedenen Therapieformen gerecht zu werden, bietet sich ein modulares Organisationsprinzip an, welches eine pragmatische Gliederung etablierter therapeutischer Interventionen ermoglicht. Methode: Auf einer offenen Station der Universitaren Psychiatrischen Kliniken (UPK) in Basel wird fur Patienten mit einer anhaltenden und/oder akut-episodischen Depressionsdiagnose (nach DSM-IV TR) sowie komorbiden Diagnosen die Konzeptentwicklung eines interpersonell ausgerichteten modularen Gruppenprogramms analog zur Medikamentenentwicklung in verschiedenen Phasen uberpruft: Phase I (Konzeptualisierung, Erstellen eines Manualentwurfs anhand systematischer klinischer Erfahrungen mit Einzelfallen) und Phase II (offene Pilotstudie) sowie die Planung der Phase III (Wirksamkeitsprufung) auf Grundlage der Ergebnisse der vorhergehenden Phasen. Das Programm integriert systematisch zusammengestellte Module des CBASP (Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy), der IPT (Interpersonelle Psychotherapie) sowie der Beziehungsachtsamkeit (mindfulness). Es umfasst 8 Sitzungen von 90 minutiger Dauer, die zweimal wochentlich durchgefuhrt werden. Resultate: In Phase I werden 16 sukzessiv rekrutierte Patienten (Alter 35-73, 56% fruhe Traumatisierung, 63% stationare Vorbehandlungen) untersucht. Nur eine Patientin (6%) steigt fruhzeitig aus. 73% (n = 11) zeigen eine Response und Remission zu Behandlungsende. Die Patienten empfinden fast ausnahmslos die Arbeitsatmosphare als angenehm und den Informationsgehalt als hilfreich. Bei allen Patienten hat sich der Zustand zum Zeitpunkt des Austritts gebessert und 11 davon (73%) geben an, die Gruppe habe dazu beigetragen. Die Inhalte sowie die Handouts werden nach Abschluss von Phase I adaptiert, woraufhin im Rahmen einer offenen Pilotstudie (Phase II) das Gruppenprogramm an 43 sukzessive rekrutierten Patienten (Alter 28-88 Jahre; 51% fruhe Traumatisierungen, 65% stationare Vorbehandlungen) auf einen ersten Machbarkeitsnachweis (proof of concept), Durchfuhrbarkeit (feasibility) und Akzeptanz (acceptability) hin evaluiert wird. Eine geringe Dropout-Rate (9%, n = 4), hohe Patientenzufriedenheit und positives Feedback der Patienten und des Teams weisen auf eine gute Durchfuhrbarkeit und Akzeptanz der Behandlung, sowie eine hohe Wirksamkeit (Response: 80%; Remission: 46%) hin. 38 Patienten (97%) geben an, ihr Zustand habe sich wahrend des Klinikaufenthaltes gebessert und die Interpersonelle Modulgruppe habe massgeblich dazu beigetragen. Module, die auf Achtsamkeit, emotionale Wahrnehmung und Klarung abzielen werden von den Patienten mit am hilfreichsten bewertet. Die vier Blocke des Gruppenprogramms weisen verschiedene Wirkfaktoren auf. Gemass den Patienten kommt der Faktor Therapiebeziehung am meisten zum Tragen. Der Wirkfaktor Emotionsregulation scheint gemass Patienten und Therapeuten in Block 3 wichtig zu sein. Hohe Depressivitat, geringe soziale Fertigkeiten zu Beginn, weibliches Geschlecht und Komorbiditat weisen auf ein weniger gutes Behandlungsergebnis hin. Schlussfolgerungen und Ausblick: Die Ergebnisse weisen auf eine gute Durchfuhrbarkeit, Akzeptanz sowie eine hohe Wirksamkeit eines modularen Vorgehens hin. Diese Studie reprasentiert eine erste Uberprufung einer modularen Gruppenintervention fur komplexe Depressionen. Es bedarf weiterer Forschung im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie, um Aussagen zur Wirksamkeitsprufung (effectiveness) treffen zu konnen.
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    0
    References
    0
    Citations
    NaN
    KQI
    []