Wo sind die Schülerinnen? Eine Bild- und Textanalyse zu Geschlechter(un)gerechtigkeit in deutschen Schulbüchern

2015 
Kinder- und Schulbucher erreichen eine grose Anzahl von Leserinnen und Lesern. Sie dienen nicht nur der Vermittlung von Wissen, sondern transportieren auch gesellschaftliche Werte, Normen und Stereotype uber verschiedene soziale Gruppen (z.B. Markom & Weinhaupl, 2007). Vor diesem Hintergrund haben sich seit mehr als 40 Jahren viele Studien der Frage gewidmet, inwiefern Kinder- und Schulbucher zum gesellschaftlichen Konsens von Geschlechter(un)gerechtigkeit beitragen (z.B. Fichera, 1996; Finsterwald & Ziegler, 2007; Lindner & Lukesch, 1994). Die Darstellung von traditionellen Rollenbildern sowie die Unterreprasentation von weiblichen im Vergleich zu mannlichen Charakteren gaben dabei Anlass zur Kritik, weil Kindern dadurch nur eingeschrankte Identifikationsmoglichkeiten zur Verfugung stehen (z.B. Diekman & Murnen, 2004). Seit den ersten Studien zu geschlechtergerechten Darstellungen in Buchern hat sich die gesellschaftliche und soziale Situation von Frauen und Mannern und der gesellschaftliche Diskurs uber Geschlecht sehr verandert (Wilde & Diekman, 2005). Deshalb stellt sich im vorliegenden Beitrag die Frage, ob diese Veranderungen in neuen, in Deutschland zugelassenen Schulbuchern auch gefunden werden. Mittels Inhaltsanalyse (Mayring, 2003) wurden jeweils neun Schulbucher fur die Facher Deutsch und Mathematik der Klassenstufen eins, drei und funf, die nach dem Inkrafttreten des Bundesgleichstellungsgesetzes (2001) herausgegeben wurden, analysiert und verglichen. Mittels Zufallsauswahl wurden jeweils 10% der Gesamtanzahl an Seiten eines jeden Buches untersucht. Der Fokus der Analyse lag dabei auf den beiden am meisten kritisierten Aspekten vergangener Studien: (1) den Haufigkeiten der Darstellung von weiblichen und mannlichen Charakteren sowie (2) deren Aktivitaten und Rollen. Daruber hinaus schliest die Analyse auch ein in den vergangenen Jahren kaum untersuchtes subtileres Merkmal geschlechter(un)gerechter Darstellungen mit ein: (3) die Verwendung von geschlechter(un)gerechter Sprache (Moser, Hannover, & Becker, 2013). Wie eine Reihe von Studien zeigte, fuhrt die Verwendung von generisch mannlichen Personenbezeichnungen dazu, dass sich Rezipierende weniger weibliche Personen vorstellen, als wenn geschlechtergerechte Sprachformen verwendet werden (z.B. Stahlberg, Braun, Irmen, & Sczesny, 2007). Gerade im Schulkontext sollte jedoch die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache von besonderer Bedeutung sein, um stereotypische Vorstellungen abzubauen. Die Ergebnisse unserer Studie (Moser & Hannover, 2014) zeigen, dass auch in neuen Mathematikbuchern mannliche Charaktere haufiger vertreten sind als weibliche. Fur die Deutschbucher fand sich dieses Ergebnis nur fur die Darstellung erwachsener Personen. Fur beide Schulfacher zeigte sich, dass insgesamt weibliche und mannliche Charaktere gleich oft vielen verschiedenen und nicht nur stereotypischen Aktivitaten nachgingen. Anlass zur Kritik geben aber, wie bereits in fruheren Studien, die familiaren und beruflichen Rollen erwachsener Charaktere. Manner wurden im Vergleich zu Frauen haufiger in beruflichen Tatigkeiten dargestellt, wahrend Frauen im Vergleich zu Mannern haufiger in ihrer familiaren Rolle als Mutter oder Grosmutter dargestellt waren. Geschlechtergerechte Sprache wurde in den Buchern zu beiden Schulfachern angewendet, jedoch wurde die Anwendung nicht konsequent umgesetzt. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass neue Schulbucher im Vergleich zu fruheren geschlechtergerechter geworden sind, sie aber nach wie vor auf subtile Weise zur sozialen Konstruktion der Ungleichheit der Geschlechter beitragen. Diekman & Murnen, 2004). Seit den ersten Studien zu geschlechtergerechten Darstellungen in Buchern hat sich die gesellschaftliche und soziale Situation von Frauen und Mannern und der gesellschaftliche Diskurs uber Geschlecht sehr verandert (Wilde & Diekman, 2005). Deshalb stellt sich im vorliegenden Beitrag die Frage, ob diese Veranderungen in neuen, in Deutschland zugelassenen Schulbuchern auch gefunden werden. Mittels Inhaltsanalyse (Mayring, 2003) wurden jeweils neun Schulbucher fur die Facher Deutsch und Mathematik der Klassenstufen eins, drei und funf, die nach dem Inkrafttreten des Bundesgleichstellungsgesetzes (2001) herausgegeben wurden, analysiert und verglichen. Mittels Zufallsauswahl wurden jeweils 10% der Gesamtanzahl an Seiten eines jeden Buches untersucht. Der Fokus der Analyse lag dabei auf den beiden am meisten kritisierten Aspekten vergangener Studien: (1) den Haufigkeiten der Darstellung von weiblichen und mannlichen Charakteren sowie (2) deren Aktivitaten und Rollen. Daruber hinaus schliest die Analyse auch ein in den vergangenen Jahren kaum untersuchtes subtileres Merkmal geschlechter(un)gerechter Darstellungen mit ein: (3) die Verwendung von geschlechter(un)gerechter Sprache (Moser, Hannover, & Becker, 2013). Wie eine Reihe von Studien zeigte, fuhrt die Verwendung von generisch mannlichen Personenbezeichnungen dazu, dass sich Rezipierende weniger weibliche Personen vorstellen, als wenn geschlechtergerechte Sprachformen verwendet werden (z.B. Stahlberg, Braun, Irmen, & Sczesny, 2007). Gerade im Schulkontext sollte jedoch die Verwendung von geschlechtergerechter Sprache von besonderer Bedeutung sein, um stereotypische Vorstellungen abzubauen. Die Ergebnisse unserer Studie (Moser & Hannover, 2014) zeigen, dass auch in neuen Mathematikbuchern mannliche Charaktere haufiger vertreten sind als weibliche. Fur die Deutschbucher fand sich dieses Ergebnis nur fur die Darstellung erwachsener Personen. Fur beide Schulfacher zeigte sich, dass insgesamt weibliche und mannliche Charaktere gleich oft vielen verschiedenen und nicht nur stereotypischen Aktivitaten nachgingen. Anlass zur Kritik geben aber, wie bereits in fruheren Studien, die familiaren und beruflichen Rollen erwachsener Charaktere. Manner wurden im Vergleich zu Frauen haufiger in beruflichen Tatigkeiten dargestellt, wahrend Frauen im Vergleich zu Mannern haufiger in ihrer familiaren Rolle als Mutter oder Grosmutter dargestellt waren. Geschlechtergerechte Sprache wurde in den Buchern zu beiden Schulfachern angewendet, jedoch wurde die Anwendung nicht konsequent umgesetzt. Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, dass neue Schulbucher im Vergleich zu fruheren geschlechtergerechter geworden sind, sie aber nach wie vor auf subtile Weise zur sozialen Konstruktion der Ungleichheit der Geschlechter beitragen.
    • Correction
    • Source
    • Cite
    • Save
    • Machine Reading By IdeaReader
    0
    References
    0
    Citations
    NaN
    KQI
    []