Frühkindliche Mentalisierung als eine zentrale »capability« wider die Armut

2011 
Ein 15-jahriger Jugendlicher aus armen Familienverhaltnissen, den ich psychotherapeutisch begleitete, tat sich schwer, innere Zustande wie Gefuhle, Wunsche, Uberzeugungen sowohl bei sich als auch bei anderen Menschen wahrzunehmen, zu beschreiben, zu unterscheiden und sie in seinen Handlungsentscheidungen zu berucksichtigen. Er reagierte viel eher auf ausere Merkmale von Situationen und war aus diesem Grund in seinem Handeln sehr abhangig von den sich gerade ergebenden Konstellationen. Er verfugte uber keinen inneren Spielraum, um negative Emotionen wie Arger, Zorn, Enttauschung oder Trauer zu bearbeiten und zu regulieren. Stattdessen verfiel er in oft heftige verbale und korperliche Aktionen, griff seine Umgebung an und war fur seine ErzieherInnen schwierig zu fuhren. Die in der Literatur genannten typischen Begleitsymptome von Kinderarmut wie Kleinkriminalitat und Ruckzug aus dem Bildungssystem traten deutlich hervor. Er war zwar prinzipiell gewillt, einen Lehrberuf zu erlernen, hatte dazu auch die intellektuellen Voraussetzungen, war aber standig in Gefahr, von seinem Lehrherrn wegen seiner mangelnden Impulskontrolle gekundigt zu werden und wie alle seine naheren Verwandten ein Leben in Armut am Rand der Gesellschaft zu fuhren.
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