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Ein Vitamin mit zwei Gesichtern

2017 
In den 1930er-Jahren wurde beobachtet, dass bestimmte Formen der megaloblastischen Anamie in der Schwangerschaft mit Leber- und Hefeextrakten behandelt werden konnen. Der dafur verantwortliche Faktor wurde in den 1940er-Jahren aus Spinatblattern isoliert und in Anlehnung an das lateinische Wort fur Blatt (folium) als Folat bezeichnet. Folat ist fur den Menschen ein essenzieller Nahrstoff. Die synthetische Form des Vitamins – Folsaure – wird in Nahrungserganzungsmitteln, Arzneimitteln und angereicherten Lebensmitteln verwendet. Der gezielte Einsatz von Folsaure begann in den 1980er-Jahren, nachdem in einer Reihe von Studien beobachtet worden war, dass durch Folsaureeinnahmen vor und in der Schwangerschaft das Risiko fur Neuralrohrdefekte (NRD) verringert werden kann. In der Folge wurden weltweit Empfehlungen zur perikonzeptionellen Folsauresupplementierung gegeben und in vielen Landern Anreicherungsprogramme gestartet. Die so erzielten Steigerungen der Folsaureaufnahme waren mit signifikanten Ruckgangen der NRD-Raten verbunden. Jedoch wurde parallel dazu in den USA und Kanada ein – vorubergehender – Anstieg von Kolorektalkrebserkrankungen beobachtet. Aus tierexperimentellen und Humanstudiendaten lasst sich mittlerweile ein komplexer Zusammenhang zwischen Folat/Folsaure und Krebs ableiten: So sind Folataufnahmen in Hohe der Zufuhrempfehlungen bei gesunden Menschen im Allgemeinen mit einem geringeren Risiko fur Krebserkrankungen verbunden, wahrend unter bestimmten Bedingungen hohe Aufnahmen von Folsaure das Risiko fur die Entstehung oder Progression von Krebs erhohen konnen. Da Nahrungsfolat nicht mit unerwunschten Effekten assoziiert ist, steht Folsaure im Mittelpunkt des Forschungsinteresses zur Aufklarung der Ursachen fur den beobachteten Zusammenhang.
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