Das Arztgespräch heute – reine Information?

2015 
Der Alltag in Klinik und Praxis ist heute beherrscht von Vergutungssystemen, Okonomisierung und Zeitknappheit, die Berufszufriedenheit und Lebensqualitat von Arzten, die sich einen intensiven Patientenkontakt wunschen, wird dadurch immer drastischer eingeschrankt. Auch die Berufsunzufriedenheit von Hausarzten aufgrund uberbordender administrativer Aufgaben und die starke Einschrankung der psychischen Gesundheit sind, wie gerade erst publizierte Untersuchungen, bestatigen, vergleichsweise hoch. Unter dieser aktuellen Situation leidet das Arztgesprach, das eigentliche Fundament der Arzt-Patientenbeziehung, und wird oft zu einer kurzen informativen Mitteilung reduziert: Die Betreuung eines Patienten durch verwirrende Diagnostik und kraftezehrende Therapieprozesse hindurch kann jedoch im Prinzip zeitaufwendige, wiederholte Gesprache, auch mit Angehorigen erfordern. Es stellt sich daher zunachst die Frage, worin das Spezifische des arztlichen Gespraches, losgelost und vollig unabhangig von den psychologischen Kompetenzen des einzelnen Arztes, besteht: Zwei wesentliche analytische Ansatzpunkte hierfur existieren heute in der Philosophie: die moderne Anthropologie als Wissenschaft vom Menschen und die Medientheorie, als systematische Untersuchung der Funktion und Auswirkung von Medien auf den Menschen. Das Arztgesprach muss daher in erster Hinsicht, sofern es sich um ein therapeutisches und konsiliatorisches Gesprach handelt, „adressatenbezogen“ sein, die Information, das heist der theoretische, rein thematische Inhalt, muss in das faktische Lebensgeschehen und in den faktischen Lebensvollzug des Patienten integriert werden: Nur so erhalt Information auch Bedeutung fur den Patienten und dessen Angehorige.
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