Erfolgsfaktoren und Hemmnisse zur Realisierung urbaner Produktion in Reallaboren
2019
Im Zusammenhang mit den Megatrends Globalisierung und Digitalisierung wurde bislang vornehmlich von
einem Ubergang von der Industrie- zur Dienstleistungs- bzw. Wissensgesellschaft gesprochen sowie von
einem damit einhergehenden Ruckgang von Arbeitsplatzen im industriellen sowie verarbeitenden Gewerbe
in der Stadt. Aktuelle Entwicklungen im Kontext der Leipzig Charta sowie der deutschen Baurechtsnovelle
2017 orientieren sich wieder verstarkt in Richtung Innenentwicklung und Nutzungsmischung. So bedarf es
im Sinne einer lebenswerten Stadt neuer Formen der Mischung, um u. a. Wohnen und Arbeiten vertraglich
miteinander zu kombinieren. Lapple und andere Autoren unterstreichen die Bedeutung einer
stadtvertraglichen Reindustrialisierung, die als okonomische Basis von Stadten notig ist und aufgrund neuer
(digitaler) Fertigungstechniken und einem Zusammendenken von Produktion und Dienstleistungen (ServiceManufacturing-Links) nun moglich wird (vgl. u. a. LAPPLE 2018: 154 ff.; GWILDIS/WERRER 2018;
GORNIG/WERWATZ 2018). Gleichzeitig eroffnet eine derartige Nutzungsmischung Moglichkeitsraume,
da kurze Wege einerseits die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern und andererseits die Potenziale
zur Bildung lokaler Wertschopfungsketten und zur Ressourceneffizienz erhohen. Neben weiteren positiven
Effekten, wie der Schaffung von Arbeitsplatzen im Quartier, konkurriert dieses Denkmodell allerdings mit
Themen, wie bezahlbarem Wohnraum und Wohnungsneubau, denen in der politischen Agenda aktuell ein
hoher Stellenwert beigemessen wird. In Hinblick auf die Globalisierung kann Urbane Produktion „die
soziale Struktur der Stadte stabilisieren und durch eine Starkung lokaler Kreislaufe Stadtokonomien robuster
machen gegen die Turbulenzen des Weltmarktes“ (LAPPLE 2013: 140).
Das BMBF-Forschungsprojekt UrbaneProduktion.ruhr (2016-2019) knupft an bestehende
Forschungserkenntnisse sowie planerische Konzepte und Instrumente an, um im Forschungsverbund,
bestehend aus Institut Arbeit und Technik (IAT), Hochschule Bochum, Urbanisten e. V. und Stadt Bochum,
Urbane Produktion in der Stadt Bochum zu fordern. Urbane Produktion bezeichnet dabei „die Herstellung
und Bearbeitung materieller Guter in dicht besiedelten Gebieten“ (BRANDT et al. 2017a: 4).
UrbaneProduktion.ruhr untersucht notwendige Rahmenbedingungen fur urban produzierende Betriebe und
versucht diese im Rahmen eines Reallaboransatzes gemeinsam mit lokalen und regionalen Akteuren vor Ort
zu fordern. Die besondere Herausforderung besteht darin, eine Entwicklung in strukturschwachen, ehemals
stark industrialisierten Raumen zu initiieren, konkret in zwei „Soziale Stadt“-Gebieten in Bochum:
Wattenscheid (WAT) und Werne/Langendreer-Alter Bahnhof (WLAB). Dabei stellt sich die Frage, wie die
Entwicklung lebenswerter und produktiver Quartiere im Rahmen eines Reallaboransatzes unterstutzt und
umgesetzt und auf anderen Raumebenen flankiert werden kann. In diesem Beitrag werden ausgewahlte
Beispiele und Masnahmen auf verschiedenen raumlichen Ebenen dargestellt, die in Form eines
Gesamtkonzepts zur Forderung Urbaner Produktion in Bochum beitragen konnen. Zum Teil wurden diese
bereits durch das Projekt erprobt, sodass abschliesend Erfolgsfaktoren und Hurden der Umsetzung diskutiert
sowie Grenzen der Forschung, auch hinsichtlich unkontrollierbarer Randbedingungen, aufgefuhrt werden.
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