Ökonomische Bewertung verschiedener Reformoptionen im deutschen Steuer- und Transfersystem - Kurzexpertise 1. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie: Endbericht

2017 
Das Bundesministerium fur Wirtschaft und Energie (BMWi) hat das Zentrum fur Europaische Wirtschaftsforschung (ZEW) und das Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) mit der Untersuchung aktueller Reformvorschlage im Bereich der Einkommensteuer und des Solidaritatszuschlags beauftragt. Die Simulationsrechnungen wurden mit einem Steuer-Transfer-Modell (Rechts-stand 2017) auf Basis der Faktisch Anonymisierten Daten aus der Lohn- und Einkommensteuerstatistik (FAST), Welle 2010, und des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), Welle 2015, durchgefuhrt. Konkret wurden verschiedene Szenarien aus den Regierungsprogrammen von SPD und CDU/CSU berechnet. Daneben wird ein spezifischer Vorschlag der CSU (der sog. „Bayerntarif“), der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, des DGB, sowie zum Vergleich eine vollstandige Ab-schaffung des Mittelstandsbauchs durchgerechnet. Dabei orientieren sich die Szenarien so nah wie moglich an den jeweiligen Vorschlagen. Teilweise mussten jedoch zusatzliche Annahmen zu einzelnen Parametern getroffen werden. Zum Beispiel wird beim Regierungsprogramm der CDU/CSU die sofortige, vollstandige Abschaffung des Solidaritatszuschlags und die Abflachung des Mittelstandsbauchs durch Senkung des Grenzsteuersatzes an der Knickstelle auf 20% angenommen. Dies wird bei der Beschreibung der Szenarien deutlich gemacht; im Folgenden werden die Szenarien nichtsdestotrotz unter dem Namen der entsprechenden Parteien oder Organisationen gefuhrt. Die Entlastungswirkungen bei der Einkommensteuer und dem Solidaritatszuschlag betragen zwischen knapp 2 Mrd. Euro (DGB-Vorschlag) und 35 Mrd. Euro (Szenario basierend auf CDU/CSU-Regierungsprogramm inkl. Annahmen zu Steuerentlastung und Abschaffung des Solidaritatszuschlags). Samtliche Szenarien fuhren zu einer Ausweitung des Arbeitsangebots. Der Um-fang liegt zwischen 94.000 (Bayerntarif mit Soli 5,5%) und 389.000 Vollzeitaquivalenten (CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung). Fur das SPD-Regierungspro-gramm ermitteln wir 114.000 Vollzeitaquivalente. Relativ zu der Entlastungs-wirkung, entfalten die Vorschlage des DGB und der SPD die starksten Arbeitsangebotseffekte. Ubersetzt sich das gestiegene Arbeitsangebot in zusatzliche Beschaftigung, kommt es zu einer teilweisen Gegenfinanzierung der Vorschlage. In den Simulationen wird angenommen, dass die Ubersetzung eins zu eins erfolgt. Die Ergebnisse stellen also eine Obergrenze der zu erwartenden Gegenfinanzierungseffekte dar. Das verfugbare Einkommen der Haushalte steigt im Schnitt um zwischen 107 Euro (DGB) und 905 Euro (vollstandiges Szenario aus dem CDU/CSU-Regierungsprogramm inkl. Annahmen zu Steuerentlastung und Abschaffung des Solidaritatszuschlags) pro Jahr. Unter Berucksichtigung der Arbeitsangebotsanpassung reicht die Spanne von 157 Euro bis 1.080 Euro. Fur das SPD-Regierungs-programm sind Entlastungen von 168 Euro zu erwarten bzw. 220 Euro nach Arbeitsangebotsanpassung. Von der Abschaffung des Mittelstandsbauchs und den Vorschlagen aus CDU und CSU profitieren hohe Einkommen starker als niedrige Einkommen. Auch relativ gesehen profitieren mittlere und hohe Einkommen starker, bei den hochsten Einkommen wird die relative Entlastung jedoch wieder etwas geringer. Ab einem Gesamtbetrag der Einkunfte von 80.000 Euro (Mittelstands-bauch) bzw. 250.000 Euro (CDU/CSU-Regierungsprogramm). Auch in den Vor-schlagen von DGB und SPD wachst der Einkommensgewinn zunachst absolut und relativ mit den Einkommen. Ab einem Gesamtbetrag der Einkunfte von 150.000 Euro (DGB) bzw. 250.000 Euro (SPD) kommt es jedoch zu Ruckgangen im verfugbaren Einkommen. Die Entlastungswirkung ist fur Familien tendenziell groser als fur Haushalte ohne Kinder. Lediglich in den Vorschlagen von DGB und SPD gewinnen Kinder-lose starker hinzu als Haushalte mit einem Kind. Dies liegt nicht an der Kinder-zahl per se, sondern der unterschiedlichen Position der Haushalte in der Einkommensverteilung. Ab zwei Kindern sind auch in den Vorschlagen von DGB und SPD die Einkommenszuwachse fur Familien groser als fur Kinderlose.
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