Identifizierung von sicherheitstechnisch gefährlichen Bedingungen für schlagartige Kompressionsvorgänge chemisch instabiler Gase im industriellen Maßstab

2015 
Tetrafluorethen wird von der Polymerindustrie seit Jahrzenten als monomeres Ausgangsmaterial sowohl fur die Herstellung von Polymeren (PTFE) als auch fur Kopolymere (PCTFE) eingesetzt. Aufgrund seiner Eigenschaft als chemisch instabiles Gas kann TFE auch ohne Luftsauerstoff oder einen anderen Oxydator explosionsartig zerfallen. Nach der Initiierung des Zerfalls kann dieser unter bestimmten Bedingungen aufgrund des exothermen Reaktionsverhaltens sich selbststandig in Apparaten und Rohrleitungen ausbreiten. Dies geht aufgrund der freigesetzten Reaktionsenthalpie mit einem schlagartigen Anstieg von Druck und Temperatur einher, was zu erheblichen Belastungen der Materialien bis hin zum Versagen und Bruch und moglichen Folgeschaden einschlieslich Personenschaden fuhren kann und in der Vergangenheit bereits mehrfach gefuhrt hat. Besonders nach Wartungsarbeiten besteht die Gefahr, dass Teilabschnitte im Rohrleitungssystem mit TFE, Stickstoff oder Luft gefullt sind mit Drucken in einem Bereich zwischen technischem Vakuum und atmospharischem Druck wohingegen angrenzende Rohrabschnitte oder Behalter immer noch TFE bei Betriebsdrucken bis 32 bar enthalten konnen. Dabei sind die Abschnitte in der Praxis haufig durch Kugelhahne voneinander getrennt, die aufgrund ihrer Offnungscharakteristik bereits bei geringen Betatigungswinkeln eine grose Querschnittsfreigabe fur die Stromung im Rohr ermoglichen. Dadurch konnen schlagartige Kompressionsvorgange des Gases im Niederdruckbereich ermoglicht werden, die allein aufgrund der thermodynamischen Zustandsanderung zu einer erheblichen Temperaturerhohung fuhren und im schlimmsten Fall zur Initiierung der Zerfallsreaktion fuhren konnen. Es wird erstmalig ein Versuchsaufbau im Industriemasstab, der einer explosionsartigen Zerfallsreaktion von TFE standhalten kann. Zahlreiche Sicherheitskonzepte einschlieslich diverser Berstscheibenkonfigurationen als auch zeitgesteuerte Schnellschlussventile wurden eingehend untersucht und bewertet, um die optimale Versuchskonfiguration fur bestmogliche Reproduzierbarkeit festzulegen. Es fand eine systematische Untersuchung der schlagartigen Kompression der Systeme Luft/Luft, TFE/Luft, TFE/TFE und TFE/N2 statt. In der Hochdrucksektion wurden Drucke bis 30 bar realisiert und im Niederdrucksektor konnten Anfangsdrucke im Bereich weniger Millibar bis hin zu Atmospharendruck eingestellt werden. Als Hauptergebnis wurde ein „Hazard diagram" erstellt, mit dessen Hilfe die Zundwahrscheinlichkeit in Abhangigkeit vom Hochdruck und Niederdruck abgeschatzt werden kann. Gefahrliche Bedingungen in Rohrleitungen konnen dadurch auf einfachem Weg identifiziert werden. Als Referenzsystem zur Beurteilung der maximal erreichbaren nicht reaktiven Kompressionstemperaturen wurde Luft/Luft verwendet. Die damit ermittelten Daten dienten zur Bewertung von zusatzlichen exothermen Effekten, wie sie etwa bei Vorreaktion des TFE im Falle einer Dimerisierung auftreten konnen. Entgegen der ursprunglichen Annahme konnten die Systeme TFE/Stickstoff und TFE/TFE im verwendeten Aufbau nicht durch Kompressionsvorgange gezundet werden.
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