Zur Analyse von Schuberts Klaviersonate in a-moll op. 42

2016 
Zumindest im allgemeinen Bewustsein ist die Rezeption der Instrumentalmusik Franz Schuberts wohl auch heute noch von einem doppelten Dilemma gekennzeichnet. Denn zum einen wird Schubert, wie es exemplarisch eine entsprechende Einschatzung Hugo Riemanns (aus dem Jahre 1901) bekundet, zuallererst als der „Neuschopfer des Liedes" schlechthin betrachtet1, wodurch seine instrumentalen Werke Gefahr laufen, in den Hintergrund des asthetischen Interesses gedrangt zu werden; Riemanns Feststellung, „das in dem Klavierkomponisten Schubert der Liederkomponist uberall gegenwartig ist", ist ebenso ein verbreiteter Topos geworden wie die damit verbundene Wertung, aus diesem Grunde fehle Schuberts ohne Stutze eines Textes komponierten Instrumentalstucken haufig „die strenge Logik des Aufbaues im grosen"2. Zum zweiten werden Schuberts instrumentale Werke, wenn man sich mit ihnen analytisch beschaftigt, zumeist an der Musik Ludwig van Beethovens gemessen, indem man ihnen zwar durchaus nicht die Anerkennung versagt, dabei aber doch so ebenfalls Riemann betont, es gebuhre „dem Instrumentalkomponisten Schubert ein Ehrenplatz in der Gefolgschaft Beethovens"3; das dieses Urteil Riemanns zugleich bereits eine positive Veranderung gegenuber wiederum fruher datierenden Auserungen uber die Instrumentalmusik Schuberts darstellt, zeigt beispielsweise Heinrich Kreisle von Hellborns (1865) noch deutlich zuruckhaltendere Bewertung seiner Klaviersonaten: „Was Schubert in dieser Musikgattung geschaffen, last sich weder dem Umfang noch dem geistigen Gehalt nach den Claviercompositionen Beethovens als ebenburtig an die Seite setzen"4. Clemens Kuhn hat unlangst den eben skizzierten, doppelten Zwiespalt auf die pragnante Formel gebracht, Schubert werde „gegen sich selbst und gegen Beethoven ausgespielt", und er hat konstatiert, Schuberts Instrumentalmusik bedurfe, „immer noch, der Rehabilitation" 5. Kuhns letzte Aussage, die bei manchem als erste Reaktion Erstaunen hervorrufen mag, bewahrheitet sich nicht zuletzt im Blick auf die Klaviersonaten, deren Untersuchung eigentlich bis heute ein Desiderat der Schubert-Forschung geblieben ist. Nach der 1927 erschienenen Monographie von Hans Koltzsch6
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