Die immungenetische Spenderauswahl für die unverwandte Stammzelltransplantation

2014 
Die Blutstammzelltransplantation hat sich zu einem etablierten Therapieverfahren fur eine Vielzahl von angeborenen oder erworbenen Erkrankungen des hamatopoetischen Systems entwickelt. Dies spiegelt sich in kontinuierlich steigenden Fallzahlen vor allem im Bereich der unverwandten Stammzelltransplantation wider. Begunstigende Faktoren fur diese Entwicklung sind einerseits die zunehmende Zahl an freiwilligen Stammzellspendern weltweit, die es ermoglichen, fur eine kontinuierlich steigende Zahl von Patienten einen geeigneten Spender zu identifizieren. Andererseits machen Verbesserungen im Bereich der Behandlungsverfahren wie z. B. die dosisreduzierte Konditionierung oder die molekulargenetische hoch aufgeloste HLA-Typisierung (HLA: humanes Leukozytenantigen) die Blutstammzelltransplantation sicherer, sodass klinisch die Indikation haufiger gestellt werden kann. Rund 3000 Suchen nach einem unverwandten Stammzellspender werden in Deutschland aktuell pro Jahr durchgefuhrt. Dabei stellt die Patientengruppe der uber 60-Jahrigen die anteilmasig am starksten wachsende Altersgruppe dar. Hauptindikationen sind nach wie vor akute Leukamieformen. Hauptstammzellquelle sind periphere Blutstammzellen mit einem Anteil von uber 85 % gegenuber Knochenmark. Nabelschnurblut spielt in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle. Ein wesentlicher Faktor fur den Erfolg der Blutstammzelltransplantation ist die HLA-Kompatibilitat zwischen Patient und Spender, wobei nach aktuellem Konsensus eine Kompatibilitat auf Allelebene an den Genorten HLA-A, -B, -C, -DRB1 und -DQB1 angestrebt wird (10/10-Kompatibilitat). HLA-Inkompatibilitaten fuhren zu einer erhohten transplantationsassoziierten Mortalitat, insbesondere infolge von GvHD-assoziierten (GvHD: Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion) Komplikationen. Dies resultiert in reduziertem Gesamtuberleben und uberwiegt definitiv einen moglicherweise gunstigen Einfluss auf ein Rezidiv der Grunderkrankung im Sinne eines GvL-Effekts (GvL: Transplantat vs. Leukamie). Der Einfluss individueller Inkompatibilitaten auf den Erfolg der Stammzelltransplantation hangt von der tatsachlich vorliegenden Allelkombination am respektiven Genort ab. Als gesichert gilt, dass das Risiko zu versterben mit steigender Anzahl an HLA-Inkompatibilitaten kumulativ zunimmt. Daher werden Spender mit mehr als 2 HLA-Inkompatibilitaten fur die unverwandte Blutstammzelltransplantation praktisch nicht akzeptiert. Liegen einzelne Inkompatibilitaten (9/10) vor, sind an den Genorten HLA-A, -B, und -DRB1 Allel- und Antigeninkompatibilitaten als gleichermasen ungunstig zu bewerten. Fur HLA-C sind Antigeninkompatibilitaten mit erhohtem Risiko assoziiert. Dies konnte fur HLA-C-Allel-Inkompatibilitaten bisher nicht gezeigt werden und geht moglicherweise auf das Vorhandensein permissibler Allelkombinationen (gezeigt fur HLA-C*03:03/03:04) zuruck. Auch fur HLA-DQB1-Inkompatibilitaten konnte bisher kein eindeutig signifikanter Einfluss auf das Uberleben nach Stammzelltransplantation gezeigt werden, jedoch gibt es Hinweise aus einer deutschen Kohorte, wonach HLA-DQB1-Antigen-Inkompatibilitaten, nicht jedoch HLA-DQB1-Allel-Inkompatibilitaten moglicherweise mit einem erhohten Risiko assoziiert sind und nach Moglichkeit zu vermeiden waren. Klarheit werden Studien mit groseren Fallzahlen bringen. Weiterhin ist davon auszugehen, dass zusatzliche Loci im erweiterten HLA-Bereich (z. B. HLA-DPB1, HLA-DRB*345, MICA) sowie Spender-KIR-Gene (KIR: Killercell Immunoglobulin-like Receptor) fur die Histokompatibilitatstestung im Rahmen der Spendersuche fur die unverwandte Blutstammzelltransplantation in Zukunft relevant werden.
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