Erfassung der Qualität im ÖV und Möglichkeiten zur Qualitätsverbesserung am Beispiel der Stadt Darmstadt

2005 
Im offentlichen Verkehr (OV) kommt der Qualitat von Dienstleistungen eine immer grosere Bedeutung zu. Deshalb ist es wichtig, dass die Zustandigkeiten fur die Erbringung der Qualitat klar zwischen dem Aufgabentrager und dem Verkehrsunternehmer getrennt werden. Diese Zustandigkeiten werden in Verkehrsvertragen geregelt. Es werden Qualitatsstandards festgelegt, die von den beiden Akteuren erbracht werden mussen. Hierfur werden Methoden fur die systematische Erfassung der Dienstleistungsqualitat sowie fur deren Bewertung erforderlich. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Darstellung der unterschiedlichen Verfahren zur Qualitatsmessung und -bewertung. Es wird anhand eines Beispiels in der Stadt Darmstadt eine Messung und eine Befragung von Kunden exemplarisch durchgefuhrt. Anschliesend sollen Vorschlage unter Berucksichtigung der wirtschaftlichen Gesichtspunkte hinsichtlich der Art, des Umfanges und der Haufigkeit von Qualitatsmessungen unterbreitet werden. Um die Qualitat langfristig zu sichern und zu verbessern, ist es notwendig, dass auf der Seite des Dienstleistungsanbieters ein umfassendes Qualitatsmanagement eingefuhrt wird. Dazu wurden im Rahmen dieser Arbeit zunachst die Grundlagen und dann eine Moglichkeit eines Qualitatsmanagements im offentlichen Verkehr erlautert. Anschliesend wurde anhand der Kriterien raumliche und zeitliche Verfugbarkeit, Direktheit und Reisezeit die derzeitige Qualitat durch Befragungen und Messungen von Kennzahlen evaluiert. Die Messungen wurden anhand von verschiedenen Streckenbeispielen in der Stadt Darmstadt durchgefuhrt. Dazu wurde der offentliche Verkehr auf Verbindungen zwischen verschiedenen Ober-, Mittel- und Unterzentren und Darmstadt sowie auf Verbindungen innerhalb Darmstadts untersucht. Bei den Messungen der Verbindungen verschiedener Stadte und Gemeinden mit Darmstadt konnte festgestellt werden, dass die Qualitat in der zeitlichen Verfugbarkeit bzgl. der Anzahl an Verbindungen pro Tag und der Betriebszeit meist sehr gut bis gut war. Hinsichtlich des Taktes fiel auf, dass nicht nur die Verbindungen von Unterzentren nach Darmstadt am Abend einen schlechteren Takt als tagsuber aufwiesen, sondern dass dies auch bei den Verbindungen von Ober- und Mittelzentren nach Darmstadt oft eintrat. Die Reisezeit wurde in Form des Zeitaufwands berechnet. Dieser wurde sowohl fur den OV als auch fur den MIV ermittelt. Hierbei konnte festgestellt werden, dass ein Vergleich der beiden Ergebnisse keineswegs ergab, dass der Zeitaufwand im OV eine wesentlich schlechtere Qualitat gegenuber dem MIV aufweist. So konnte der OV bei den innerstadtischen Verbindungen und auch zwischengemeindlichen Verbindungen mit dem MIV konkurrieren. Bei der Untersuchung der innerstadtischen Verbindung der Linie 3 von der Haltestelle (HS) Lichtenbergschule zu der HS Hauptbahnhof wurde zusatzlich die Punktlichkeit und die Beforderungsgeschwindigkeit analysiert. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Bahnen an der HS Hauptbahnhof gemittelt anderthalb Minuten zu spat losfahren und diese Verspatung im Verlauf der Strecke nicht wieder abgebaut werden konnen. Die Beforderungsgeschwindigkeit entspricht auf dieser Strecke einer sehr guten Qualitat. Insgesamt sollten die erarbeiteten Messergebnisse dieser Arbeit durch regelmasige weitere Messungen in diesen Kriterien seitens des Unternehmens noch untermauert werden, um damit die Aussagekraft der Daten fur die Zukunft weiter zu erhohen. Bei der durchgefuhrten Befragung wurden die Fahrgaste gebeten verschiedene Qualitatskriterien nach ihrer Zufriedenheit zu benoten. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Befragten diese Kriterien uberwiegend mit gut bewertet haben, was auf eine hohe Zufriedenheit der Befragten in diesen Kriterien hinweist. Jedoch gab es auch einige Kriterien, die von den Befragten als befriedigend eingestuft wurden. Diese Kriterien waren die "Sicherstellung von Anschlussen", das "Fahrtenangebot am Abend und am Wochenende", die "Informationen bei Ausfall und Verspatung von Fahrzeugen" sowie die "Sauberkeit der Fahrzeuge". Nach der Auswertung der Befragung wurden diese Ergebnisse mit denen aus den direkt messbaren Daten verglichen. Bei der Gegenuberstellung wurde deutlich, dass einige Kriterien von dem Befragten besser bewertet wurden, als die Messung der erbrachten Qualitat ergaben. Es sollte also immer neben der reinen Messung von Kenngrosen auch der Kunde befragt werden, bevor Verbesserungsmasnahmen ergriffen werden. Denn in Bereichen, in denen die Beurteilung des Kunden durchaus gut ist, ist ein nicht so hoher Handlungsbedarf zur Qualitatsverbesserung gegeben. Weiterhin gab es bei einigen Kriterien Ubereinstimmung bei der wahrgenommenen und der erbrachten Qualitat. Da diese jedoch ausschlieslich im guten Bereich lagen, besteht hier derzeit kein akuter Handlungsbedarf. In den Kriterien des Fahrtenangebots am Abend und in der Punktlichkeit jedoch wurde die Qualitat von den Befragten schlechter und nur befriedigend eingestuft, als die Messungen ergaben. In diesen Kriterien ergibt sich dementsprechend ein Handlungsbedarf hinsichtlich der Durchfuhrung von Verbesserungsmasnahmen. Die Verbesserungsmasnahmen wurden zunachst einer groben Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen, um deren Wirtschaftlichkeit zu uberprufen. Danach wurden die Masnahmen aufgegriffen, die eine besonders gute Kosten-Nutzen-Relation aufwiesen. Schlieslich konnten folgende Verbesserungsmasnahmen vorgeschlagen werden. Es sollte in Erwagung gezogen werden einen Teil der Reinigungsschichten fur die Fahrzeuge von nachts auf tagsuber, wahrend des Betriebs, zu verlagern. Dies zielt darauf ab, dass die Fahrgaste die Reinigung der Fahrzeuge besser wahrnehmen und dadurch die Sauberkeit in den Fahrzeugen zukunftig besser bewerten. Eine weitere Masnahme ist die Verlangerung der Betriebszeit der untersuchten Linie, da sich herausgestellt hat, dass dies von vielen Fahrgasten angeregt wurde. Aus den Untersuchungen ergab sich weiterhin ein Handlungsbedarf hinsichtlich der Informationsversorgung fur die Fahrgaste. Als Verbesserungsmasnahmen werden zum einen die Installation von Informationssaulen, der Bau von Mobilitatszentralen sowie das Anbringen von zusatzlichen Hinweisschildern im Hauptbahnhof fur den OPNV im Bereich der aktuellen Fahrzeiten vorgeschlagen. Weiterhin wird angeregt auch in Darmstadt einen SMS- Service, wie er bereits in Berlin praktiziert wird, einzufuhren. Alle Masnahmen sollen eine bessere Informationsversorgung fur die Fahrgaste sicherstellen und somit die Kundenzufriedenheit verbessern. Letztendlich kann die Punktlichkeit und die Zuverlassigkeit der Bahnen durch eine Erweiterung des Schienennetzes vor dem Hauptbahnhof verbessert werden. Bei der abschliesenden Betrachtung der erarbeiteten Verbesserungsmasnahmen wurde festgestellt, dass sowohl der Bau einer Mobilitatszentrale als auch die Verlegung von zusatzlichen Gleisen derzeit durch die HEAG in Darmstadt verwirklicht wird. Dieser Sachverhalt verdeutlicht, dass die Ergebnisse dieser Arbeit auch die derzeitigen Aktivitaten hinsichtlich der Qualitatsverbesserungen der HEAG stutzen. Nach der Einfuhrung dieser beschriebenen Verbesserungsmasnahmen ist es notwendig, dass diese hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Qualitat kontrolliert werden. Da sich der Nutzen einer Masnahme nicht immer direkt nach der Einfuhrung bemerkbar macht, wird empfohlen, erst nach einem halben Jahr die Wirkung auf die Qualitat zu prufen. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass eine langfristige Sicherung der Qualitat im OV von Darmstadt nur durch die Einfuhrung eines Qualitatsmanagements auf Seiten der Verkehrsleistungsanbieter gewahrleistet werden kann. Hierfur ist es notwendig, dass die Zustandigkeiten des Auftraggebers und des Verkehrsunternehmers klar in den Verkehrsvertragen geregelt werden. In diesen Verkehrsvertragen mussen zu erbringenden Qualitatsstandards festgelegt werden, die die Grundlage fur die Durchfuhrung von Messungen und Befragungen im OV-Netz bilden. Weiterhin sollten in diesen Vertragen mit dem Bonus-Malus-System Anreizstrukturen fur beide Vertragsseiten geschaffen werden. Dadurch kann langfristig die Qualitat des offentlichen Verkehrs in Darmstadt gesichert und verbessert werden, so dass die Unternehmen am Ende dem eigentlichen Ziel der Kundenneugewinnung einen Schritt naher kommen.
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