Spree-Athen nach dem Untergang. Eduard Meyer zur Parallelität von Geschichte

2017 
Eduard Meyer, der beruhmte Historiker der Alten Welt und Professor an der Friedrich-Wilhelms-Universitat zu Berlin, zahlt zu den deutschen Intellektuellen der politischen Rechten, die im Umfeld des Ersten Weltkriegs eine rege politische Publizistik betrieben. Nach dem Krieg zum Rektor seiner Universitat ernannt, halt er eine bemerkenswerte Rede, in der er eine mehr als enge Parallele zwischen dem geschlagenen Athen von 404 und dem Deutschen Reich von 1918 herstellt. Meyer entwirft in seiner Gedankenfuhrung die Idee eines gemeinsamen kulturellen Erbes fur Berlin und Athen, die selbst in der Niederlage noch eine Fuhrungsrolle fur Deutschland legitimieren kann. Sie beruht auf dem Bild der deutschen Universitaten und dem deutschen Geistesleben als den letzten unzerstorbaren Werten, die Meyer auf einen Wiederaufschwung Deutschlands hoffen lassen, ganz ahnlich dem Athens im 4. Jahrhundert v.Chr. Meyer bedient sich seines grosen Vorbilds Thukydides, um seine Rede zu konstruieren. Dabei greift er besonders auf die beruhmte perikleische Leichenrede zuruck, um die Werte zu unterstreichen, die den Kern einer Gesellschaft ausmachen. Sowohl der Wunsch, dem unfehlbaren Meister der Geschichtsschreibung nachzufolgen, als auch die Konsequenz, mit der Meyer den athenischen Autor als Vorlage verwendet, hinterlassen ein faszinierendes Beispiel fur Antikentransformation und die Rezeption der Niederlage Athens. Besondere Relevanz gewinnt dies vor dem Hintergrund, das Meyer keine Ausnahme in seiner Zeit ist, sondern eine Zahl offentlicher Intellektueller sich des Thukydides als besondere Referenz bedienen, wenn sie versuchen, das Erlebte zu analysieren.
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