Die Reform der Europäischen Kommission. Modernisierungskonzepte aus vier Jahrzehnten im Vergleich

2010 
Die Europaische Kommission gilt als Motor der europaischen Einigung nicht zuletzt weil ihrem burokratischen Unterbau ein langes Gedachtnis unterstellt wird. Trotz immensen Aufgabenzuwachs und Aufgabenwandels blieb ihr Verwaltungsapparat in seinen Manage mentstrukturen allerdings bis in die 1990er Jahre nahezu unberuhrt, um dann zwischen 2000 und 2004 einem radikalen Umbau unterworfen zu werden.1 Die Lesart von der verkrusteten Kommissionsverwaltung, die uber viele Jahrzehnte in einer administrativen Modernisie rungsresistenz verharrt habe, bis der britische Vizeprasident der Kommission Neil Kinnock zu einer schmerzhaften Radikalkur a la New Public Management ansetzte, ist weit verbrei tet. Tatsachlich hat es aber spatestens seit Ende der 1970er Jahre immer wieder Modernisie rungsinitiativen gegeben, die bisweilen sogar recht erfolgreich verliefen. Welche Initiativen es gab, in welchen Aspekten und unter welchen Bedingungen diese erfolgreich waren, was man also durch eine Analyse des Managementwandels der Europaischen Kommission uber Verwaltungsmodernisierung in der supranationalen Arena lernen kann, ist Gegenstand die ses Artikels. Im ersten Abschnitt wird ein Raster zur Bewertung von Modernisierungsprozessen in den nationalen offentlichen Verwaltungen aus der vergleichenden VerwaltungsWissenschaft ent wickelt. Dieses stellt den Analyserahmen fur die Einordnung der verschiedenen administra tiven Reforminitiativen in der Europaischen Kommission dar. Der Akzent liegt dabei auf dem aus politikwissenschaftlicher Sicht interessantesten Aspekt, namlich der Analyse der verschiedenen Reforminitiativen aus einer Prozessund Akteursperspektive. Der empirische Teil widmet sich sodann der Beschreibung und Einordnung der vier identifizierbaren Initia tiven zur Reform der Verwaltung der Kommission. Am Ende des Artikels werden anhand der beobachtbaren Gemeinsamkeiten und Unterschiede erste Schlussfolgerungen gezogen. Dabei zeigt sich, dass das Bewusstsein fur den vorhandenen Reformbedarf, die Dauer des Reformdrucks, ein partizipatives Reformmanagement und ein koharenter Fuhrungsstil wich tige Erfolgsfaktoren der Reformprozesse waren. Jenseits der im Rahmen dieser Analyse er zielbaren Ergebnisse deutet der Artikel auch eine Untersuchungsstrategie an, wie administ rativer Wandel in supranationalen Organisationen mit dem Instrumentarium der bislang fast ausschlieslich national vergleichenden Verwaltungs Wissenschaft analysierbar gemacht wer den konnte.
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