Zur Effektivität von Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, ein Beitrag aus dem Hamburger Krebsregister und der Hamburger Krebsgesellschaft e.v.

1979 
Um den Angaben, Hinweisen und Schlusfolgerungen, die aus dem Hamburger Krebsregister zum Thema entnommen werden konnen, den notwendigen Hintergrund zu geben, werden einige Bemerkungen vorangestellt: 1. Eine organisierte Krebsbekampfung mit den entscheidenden Bereichen Fruherkennung des Krebses und Nachsorge fur Krebskranke gibt es in Deutschland etwa seit der Jahrhundertwende. Die Grundung des “Komitees fur Krebsforschung” am 18. Februar 1900, der Keimzelle der jetzigen Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Landergesellschaften in der Bundesrepublik, kann heute als historischer Zeitpunkt bezeichnet werden (1). Die uberzeugenden Erfolge der organisierten Bekampfung der Tuberkulose hatten damals als Vorbild gedient. Ein erstes Ziel des Komitees war es, eine Krebsepidemiologie aufzubauen, weil deren Bedeutung fur die Effektivitatskontrolle am Beispiel der Tuberkulosebekampfung erkannt worden war. Zunachst wurden Sammelstatistiken erstellt, wesentliche Anregungen dazu gab der Hamburger Arzt ALEXANDER KATZ (2). Bereits 1902 berichtete WUTZDORF (3) in der DMW “Uber die Verbreitung der Krebskrankheit im Deutschen Reich”. Im gleichen Zeitraum initiierten Mitglieder des Komitees die ersten Fursorgestellen fur Krebskranke in Berlin und legten damit die Basis fur eine Nachsorge (4). 2. Der “Hamburger nachgehende Krankenhilfsdienst” mit dem einbezogenen Krebsregister ist eine Einrichtung der Nachsorge fur Krebskranke, in welcher aus der an sich individuell orientierten medizinischen und sozialen Betreuung der in stationarer Behandlung befindlichen Kranken epidemiologische Daten gewonnen werden. Nach einer Vorphase, die vom “Hamburger Krebsinstitut” unter R. BIERICH (5) 1926 wissenschaftlich eingeleitet wurde, wird der Dienst seit 1929 im Sinne einer kommunalen Fursorge gefuhrt. Des Hamburger Physikus H. SIEVEKING (6) mus hierbei dankbar gedacht werden . Durch die Einschaltung des offentlichen Gesundheitsdienstes arbeitet das Register fur das Gebiet des Stadtstaates Hamburg bevolkerungsbezogen, obwohl die Daten der zu betreuenden Krebskranken uber die Hamburger Krankenhauser erfast werden. Bezogen auf die Geschwulste der verschiedenen Organe ist die Aussagekraft des Registers heute unterschiedlich zu bewerten (7): Bei Organkrebsen mit wirksamer echter Fruherkennung, wie beispielsweise dem Gebarmutterhalskrebs, mus ein Erfassungsdefizit bei der bisherigen Organisationsform eintreten, weil zunehmend Falle nicht mehr krankenhausbehandlungsbedurftig werden. 3. Im Bereich der Bundesrepublik Deutschland wurde durch das Zweite Krankenversicherungs-Anderungsgesetz vom 21.12.1970 fur die Fruherkennung bestimmter Organkrebse eine Ausgangssituation geschaffen, die auch im internationalen Vergleich bestehen kann. Durch die Fortschreibung der “Richtlinien fur die Krebsfruherkennungsuntersuchungen bei der Frau und beim Mann” sind nicht nur medizinische, sondern auch im Hinblick auf die Dokumentation epidemiologische Verbesserungen erzielt worden. Die Einschaltung des Zentralinstituts fur die Kassenarztliche Versorgung in der Bundesrepublik in die statistische Aufbereitung und die Auswertung ist ein weiterer wichtiger Fortschritt. Die 1975 ergriffene Initiative des Instituts einer Kontaktaufnahme zu den flachenbezogenen Krebsregistern der Bundesrepublik wurde von deren Verantwortlichen hoffnungsvoll begrust (8). 4. Spatestens seit die ungewohnliche Steigerung der Kosten des Gesundheitswesens in aller Mund ist und zu einem Hauptthema der sozialpolitischen Diskussion wurde, werden auch mahnende Stimmen lauter, die fur die Fruherkennungsuntersuchungen eine KostenNutzen-Darlegung oder einen Effektivitatsnachweis fordern. Die Epidemiologen der Krebsregister sind gerade an diesen Uberlegungen besonders interessiert. Durch die langfristig 1971 angelegte Studie zur Sicherung der Fruherkennung des Brustkrebses bei Frauen hofft die Hamburger Krebsgesellschaft zu diesen Fragen auch einen Beitrag leisten zu konnen (9). 5. Um die klinische Krebsforschung und die Krebsbekampfung in der Bundesrepublik Deutschland schwerpunktartig voranzubringen, sind in letzter Zeit durch Organisationsmasnahmen mehrere “Tumorzentren” gegrundet worden. Wesentliche wissenschaftliche Impulse hierfur gingen von der Deutschen Krebsgesellschaft und deren Landesverbanden aus (10). Entscheidend war jedoch der finanzielle Einsatz der Deutschen Krebshilfe, die diesen dank der ungewohnlichen Spendenbereitschaft unserer Bevolkerung leisten konnte. Die erworbenen Verdienste unserer Kollegin Frau Dr. MILDRED SCHEEL durfen hierbei nicht unerwahnt bleiben. Ohne naher auf den Begriff, die Struktur oder die Bedeutung der “Tumorzentren” eingehen zu wollen, kann erfreulicherweise festgestellt werden, das nahezu ubereinstimmend alle auch die Dokumentation und deren epidemiologische Auswertung als wichtiges Anliegen anerkennen und darstellen (11). In Hamburg ist das Krebsregister in das “Tumorzentrum” eingebunden.
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