Die angemessene Evidenz für Therapieentscheidungen: eine Diskussion des Methodenpluralismus in klinischen Studien
2013
Die randomisierte kontrollierte Studie (RCT) gilt als Goldstandard zur Gewinnung angemessener Evidenz fur Therapieentscheidungen. Idealtypische Studien werden auch als Explanatory Trials bezeichnet, um sie von Studien unter Alltagsbedingungen (Pragmatic Trials) zu unterscheiden. Bei Einhaltung aller fur die Durchfuhrung dieser Studien geforderten Qualitatskriterien konnen die vier wesentlichen Formen systematischer Fehler (Selection Bias, Performance Bias, Attrition Bias und Detection Bias) vermieden und die interne Validitat von Studien gewahrleistet werden. Wenn die interne Validitat einer Studie bestatigt wird, ist davon auszugehen, dass die innerhalb der Studie angestellten Vergleiche weitgehend frei von systematischen Fehlern sind. Die externe Validitat besagt, dass in einer Studie die Eigenschaften der Grundgesamtheit reflektiert werden, fur welche die Ergebnisse der Studie gultig sein sollen. Da eine gute randomisierte Studie eine moglichst exakt definierte und homogene Population von Probanden enthalt, kann sie per definitionem nahezu keine externe Validitat, d. h. externe Gultigkeit, haben. Der Nachweis der externen Validitat ist aber ebenso bedeutend wie der Nachweis der internen Validitat, weil Erkenntnisse, die in randomisierten Studien gewonnen werden, nur wertvoll sind, wenn sie auch bei Patienten unter Alltagsbedingungen mit Erfolg angewandt werden konnen. Eine Verletzung dieser letztgenannten Forderung wird auch als Sampling Bias bezeichnet. Zur Gewahrleitung der internen und externen Evidenz scheint ein Zwei-Schritt-Verfahren sinnvoll. Im ersten Schritt wird die Wirkung eines Therapieprinzips idealtypisch in einem Explanatory Trial ohne Anspruch auf externe Validitat nachgewiesen. Im zweiten Schritt wird der Nutzen fur die untersuchten Patientengruppen unter Alltagsbedingungen (Pragmatic Trial) gepruft. Designs und etablierte Methoden zur Auswertung dieser Studien werden diskutiert. Das Zwei-Schritt-Verfahren bietet gegenuber den bisherigen Verfahren drei Vorteile: Das Risiko, die Ergebnisse von RCTs zu uberinterpretieren, wird reduziert, weil Explanatory Trials lediglich die Wirkung unter Idealbedingungen nachweisen konnen. Der vom Gesetzgeber geforderte Nachweis des Nutzens kann durch Pragmatic Trials, welche die externe Validitat berucksichtigen, erbracht werden. Moglicherweise lassen sich Fortschritte des Erkenntnisgewinns nur erzielen, wenn in kontrollierten pragmatischen Studien Methoden angewandt werden, bei denen der Einfluss der beabsichtigten Intervention (Therapie) mit jenem unbeabsichtigter Interventionen (Confounder) verglichen wird. Beispiele solcher Methoden sind das Propensity Score Matching und Strukturgleichungsmodelle. Die Entscheidung uber die ideale Auswertungsmethode ist von den Bedingungen und den Variablen der Studie abhangig.
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