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Pendereckis Hommage an Mozart

2016 
Krzysztof Penderecki, zu Anfang der sechziger fahre einer der profiliertesten Vertreter der musikalischen Avantgarde, tat mit seiner 1963 1966 geschaffenen Lukaspassion einen folgenreichen Schritt: Er wandte sich wieder der Tradition zu. Schon das Auftreten des b-a-c-h -Motivs in diesem Werk dokumentierte Geschichtsbewustsein und lies Traditionsbezuge anklingen. Im Abstand eines Vierteljahrhunderts glaubt Penderecki sagen zu konnen, er habe mit seiner „LukasPassion 1966 direkt an Bach und die Polyphonie der alten Niederlander angeknupft" 1. Neben der Lukaspassion darf das in den Jahren 1980 bis 1984 entstandene und 1984 als Ganzes uraufgefuhrte Polnische Requiem fur vier Soli, gemischten Chor und Orchester als ein Hauptwerk Pendereckis gelten. Da sich das Traditionsbewustsein des Komponisten in den vergangenen zwei Jahrzehnten eher noch verstarkt hat, liegt die Frage nach traditionellen Bezugen im Polnischen Requiem nahe. Diesen begegnet man denn auch haufig, seien sie tonaler oder satztechnischer Art. So finden sich tonale Fortschreitungen, Dreiklange, Ostinato-Bildungen, Orgelpunkt, Instrum entalrezitative, Imitation und thematisch-motivische Entwicklungsprozesse. Liturgische Texte wie die der Passionen oder des Requiems haben im Laufe der Musikgeschichte Vertonungen erfahren, denen die Nachwelt kunstlerische Einmaligkeit und zeitlose Gultigkeit zuerkennt. Mit diesem Faktum sieht sich ein Komponist, will er diese Texte vertonen, stets konfrontiert. Auf dem Gebiet der Passionskomposition nehmen bekanntlich Johann Sebastian Bachs Johannesund Matthauspassion einen solchermasen singularen Rang ein. Penderecki zollte, als er seine Lukaspassion schrieb, diesem Anspruch dadurch Tribut, das er uber das b-a-c-hMotiv Beziehungen musikgeschichtlicher, assoziativer und personlicher Art herstellte. Dieses Motiv tritt in der Lukaspassion nicht nur als Zitat auf, sondern ist Bestandteil einer Reihe und wird thematisch-motivischen Prozessen unterworfen2. Nach den Worten des Komponisten ist das b-a-c-h -Motiv „das Grundmotiv des ganzen Werkes [...], das Leitmotiv sozusagen" 3, wobei diesem „Leitmotiv" eine doppelte Symbolik eignet: Zum einen verweist es auf Johann Sebastian Bach, zum anderen im Sinne des Chiasmus auf das Kreuz und damit auf Christus. Was nun die Requiem-Vertonungen angeht, so erkennt das musikalische Geschichtsbewustsein dem Requiem von Mozart einen besonderen Rang zu. Von daher drangt sich die Frage auf, ob Penderecki als ein der Geschichte verpflichteter Komponist sein Polnisches Requiem in einen wie auch immer gearteten Traditionszusammenhang zu Mozarts Requiem gestellt haben konnte. Grundsatzlich verschieden sind die beiden Vertonungen in ihrer originaren Funktion: Wahrend Mozart sein Werk unter liturgischem Aspekt schrieb, siedelte Penderecki sein Requiem auserhalb der Liturgie an. In der Auswahl der Texte stimmt er teils mit Mozart uberein (namlich im Intro itus, Kyrie, in der Sequenz, Communio sowie im Agnus Dei), teils geht er eigene Wege, so wenn er auf das Offertorium, Sanctus und Benedictus verzichtet, die Antiphon des Introitus nach dem Psalmvers nicht wiederholt, die Communio um den Versus kurzt, der Communio das der „Absolutio super tumulum" entnommene Responsorium „Libera me, Domine" (ohne den letzten Versus) folgen last und mit einem aus verschiedenen Textquellen zusammengestellten Finale schliest.
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