Gesellschaft der Angst? Kommunikationskultur der Angst. Über die mikropolitische Nutzung der Angstrhetorik
2020
Diagnosen einer Gesellschaft in Angst sind popular geworden. Transformationen verschiedener Art hatten Angst zu einem Lebensgefuhl in westlichen Gesellschaften werden lassen; die vorherrschende Angst wiederum wird als Erklarung fur weitere Phanomene herangezogen, etwa das Erstarken rechtspopulistischer „Angstbewegungen“. Die hohe Plausibilitat solcher Diagnosen und Erklarungen lenkt allerdings davon ab, dass sie theoretisch-konzeptuelle und empirische Defizite haben: Angst wird in ihrer Existenz und Beschaffenheit vorausgesetzt, aber nicht naher definiert und untersucht. In diesem Beitrag werden auf Basis einer qualitativen Studie verschiedene Bedeutungen von Angst, konkret von Angstkommunikation rekonstruiert. Diese erweist sich bei genauerer Betrachtung nicht immer als Ausdruck von Angst als Emotion. Vielmehr wird die Angstrhetorik von den Akteur*innen fur eigene mikropolitische Zwecke genutzt. Diese Nutzung der Angstrhetorik steht im Fokus des Beitrags, wird auf rechtspopulistische Bewegungen bezogen und ist Ausgangspunkt der These, dass wir weniger in einer Gesellschaft der Angst als in einer Kommunikationskultur der Angst leben.
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