Der neue Mensch — Sozialutopien der menschlichen Fortpflanzung

1986 
Es ist bereits jetzt ubersehbar, das die wissenschaftliche und offentliche Diskussion ethischer Probleme, die mit der Entwicklung der sog. Fortpflanzungsmedizin aufgetreten sind, auf tiefgreifende Veranderungen im menschlichen Fortpflanzungsverhalten hinweist. Die in der Menschheitsgeschichte erstmalige Macht uber Konzeption, Kontrazeption, Schwangerschafts- und Geburtsrisiken ist erst wenige Jahrzehnte alt und last dennoch erkennen, das der Trend zur Negierung der naturlichen Konflikthaftigkeit von Fortpflanzung unumkehrbar zu sein scheint. Kaum eine biomedizinische Technologie ist so schnell gesellschaftlich internalisiert worden wie die Moglichkeit zur Entscheidung fur oder gegen neues Leben; kaum eine andere Forschungsrichtung fasziniert mehr als jene, die auf die Vermeidung oder Verbesserung beschadigten oder als ungenugend angesehenen Lebens zielt. Nicht blos biologische, soziale und rechtliche, sondern fundamentale anthropologische Strukturen stehen zur Disposition; die Breite der offentlichen Argumentation, von den Arzten bis zu den politischen Arbeitsgruppen, und die spurbare Betroffenheit und Intensitat der Auseinandersetzung hat in der Geschichte der medizinischen Ethik kaum Parallelen — von einer tiefergehenden wissenschaftlichen Revolution als Mikroelektronik oder Kernkraft sprechen hoffnungsvoll die einen, von Frevel und Sunde die anderen.
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