Ansätze der Kleinbauernförderung im Globalen Süden: Kontroversen, Erfahrungen, Synthesen

2020 
Es herrscht weitgehend Konsens, dass die Sicherstellung der Welternahrung nicht ohne die Kleinbauerinnen und Kleinbauern (nachfolgend Produzent*innen) in Afrika, Lateinamerika und Asien moglich sein wird. Dies sind bis zu 570 Millionen Betriebe bzw. 2 Milliarden Menschen. Schon aufgrund der sehr grosen Zahl ist auch fur die Erreichung weiterer Nachhaltigkeitsziele eine nachhaltige Entwicklung der kleinbauerlichen Landwirtschaft unabdingbar. Kontrovers diskutiert wird die Frage, wie Kleinbauernhaushalte in Landern mit niedrigem und mittlerem Einkommen diese Herausforderungen bei wachsender Weltbevolkerung und bei zunehmend knapper Agrarflache bewaltigen sollen. In der Diskussion um zielfuhrende Entwicklungs- und Forderstrategien lassen sich vier wesentliche Kontroversen erkennen: Fokus (ganzheitliche oder spezialisierte Unterstutzung), Technologie (Low- oder High-input-Landwirtschaft), institutioneller Rahmen (vornehmlich staatliche oder privatwirtschaftliche Dienstleistungen) und Ausrichtung der Marktorientierung (lokale bzw. regionale oder globale Ausrichtung). Mittlerweile werden diese vier strategischen Kontroversen kombiniert zu zwei "idealisierten" agrarpolitischen Grundorientierungen: einer auf okologischen Prinzipien und lokalem Wissen basierenden, input-extensiven, auf lokale bzw. regionale (Nahrungs-)Bedurfnisse ausgerichteten, offentlich geforderten bauerlichen Agrarproduktion und als Gegenmodell die Einbettung in eine globale privatwirtschaftliche Agrarwirtschaft basierend auf input-intensiver Modernisierung. Diese auf konzeptioneller Ebene gefuhrte Diskussion findet auf lokaler und praktischer Ebene oft eine Auflosung in pragmatischen Kompromissen. Rein marktwirtschaftlich orientierte Forderansatze verkennen den Bedarf an Diversifizierung und auch Subsistenzorientierung, wahrend zu starke Binnenorientierung Spezialisierungs- und Einkommenschancen vergibt. Staatliche Fordersysteme haben oft gravierende Schwachen, aber private Dienstleister*innen sind oft nur selektiv an bestimmten Betrieben und Produkten interessiert. Externe Betriebsmittel mogen effizient sein, aber die Kosten und Risiken sind fur Produzent*innen oft nicht tragbar. Die Analyse der lokalen Bedurfnisse und Moglichkeiten zeigt oft, dass zielgruppen- und standortgerechte Kombinationen von Strategieelementen gefragt sind, die sich am Ziel einer sozial inklusiven und okologisch nachhaltigen Intensivierung kleinbauerlicher Landwirtschaft orientieren. Der dafur notige Suchprozess sollte durch folgende strategische Grundorientierungen geleitet werden: Forderung sollte nicht einseitig von den Erfordernissen der Markte ausgehen, sondern gleichermasen kleinbauerliche Livelihood- und lokale Okosysteme berucksichtigen. Die Suche nach ertragssteigernden, breitenwirksamen und nachhaltigen Innovationen erfordert einen offentlich finanzierten Prozess lokal angepasster Agrarforschung unter Einbeziehung unterschiedlicher Zielgruppen. Die jeweiligen Vorteile von privatwirtschaftlichen und offentlichen Agrardienstleistungen sollten im Rahmen von Public-private-Partnerships kombiniert und an den Bedurfnissen der Produzent*innen orientiert werden. Nicht nur die Produktion von Nahrungsmitteln, sondern auch die breite Verfugbarkeit von Bargeldeinkommen sollte gefordert werden. Fur die Realisierung solcher Strategien bedarf es einer Verknupfung des landlichen Raumes mit der steigenden Nachfrage der Stadte durch Infrastruktur und z.T. auch eines partiellen Schutzes vor globaler Konkurrenz unter Berucksichtigung der Interessen armer Konsumenten.
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