Moderne Schwertkampf-Trainer als ‚Erben’ alter MeisterVorbilder und Vermittlungspraxen mittelalterlichen europäischen Schwertkampfs in der „Historical European Martial Arts“-Szene in Deutschland.

2019 
Ende der 1990er Jahre wurden in den USA und spater in Deutschland und anderen Landern erstmals einige Vereine und Clubs fur ‚Mittelalterlichen Europaischen Schwertkampf‘ gegrundet. Sie setzten sich zum Ziel Techniken, die in Fechtbuchern ab ca. 1300 (Leeds. Royal Armouries. RAL 14235 (The Royal Armouries Fechtbuch, I.33.)) schriftlich und bildlich festgehalten wurden, neu zu beleben. Die ersten Akteure brachten ihre Erfahrungen aus diversen Kampfsportarten, dem Live-Rollenspiel und dem Showkampf mit ein, grenzten sich aber deutlich von diesen Wurzeln und der Mittelalterszene ab. ‚HEMA‘, also die ‚Historical European Martial Arts‘ sind inzwischen eine international verbreitete Nischensportart mit zahlreichen Disziplinen wie Langschwert, Kurzschwert und Buckler, Rapier, Sabel und Ringen. Die zur Interpretation verwendeten Quellen in unterschiedlichen europaischen Sprachen stammen aus dem 14. bis ins 20. Jahrhundert. Die Dissertation gibt einen Uberblick uber die Entstehung der modernen HEMA-Szene, die historischen Fechtbucher und Fechtergesellschaften, die heute als Vorbilder dienen konnen. Die Arbeit untersucht am Beispiel von Trainern in Deutschland, wie die historischen Quellen fur eine ‚Invention of Tradition‘ im Sinn von Hobsbawn und Ranger genutzt werden. Die wichtigsten Forschungsmethoden waren die Teilnehmende Beobachtung, Interviews mit Trainern und die Analyse der von ihnen verfassten Ratgeberliteratur. Dabei werden trotz luckenhafter Quellen die Unterschiede zu historischen Verfassern von Fechtbuchern und Fechtergesellschaften deutlich. Ein offensichtliches Beispiel ist die HEMA-Schutzausrustung, die speziell entwickelt wird. Sie hat kein historisches Vorbild. Der historische Teil der Dissertation weist nach, dass es wahrend der Romantik im 19. Jahrhundert und um die Wende zum 20. Jahrhundert schon einmal Bemuhungen um eine Renaissance der mittelalterlichen Kampfkunste gab, die allerdings im Vergleich zur HEMA-Szene kurzlebig und mit stark beschrankter Wirkung blieben. Auf die heutige Szene haben diese Vorbilder nur marginalen Einfluss. Die zentralen Fragen der Arbeit sind: 1. Was ist die Bedeutung eines Trainers in der HEMA-Szene? Ist er ein Meister, ‚Sensei‘, Anleiter, Unternehmer, Wissenschaftler oder (spirituelles) Vorbild? 2. Wie werden Gender und Korperbilder konkretisiert? 3. Welche Objektivationen lassen sich in HEMA finden und was sagen sie uber das Verhaltnis zum Mittelalter und zur heutigen Lebenswirklichkeit der Akteure aus? 4. Wie lassen sich HEMA im Kontext von Kampfsport und Kampfkunst verorten?
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