Generierung und Evaluation von Mausmodellen für die auditorische Neuropathie
2019
Der Horsinn ist fur uns Menschen von entscheidender Bedeutung, um mit der Umwelt kommunizieren zu konnen. Horstorungen werden dabei in sensorineurale Erkrankungen der neuronalen Strukturen und nicht-sensorineurale Schallleitungsschwerhorigkeiten unterschieden.
In der vorliegenden Studie sollte es darum gehen zu untersuchen, inwiefern ein neues konditionelles Mausmodell, die Brn3.1 IRES Cre Maus, und ein bestehendes Mausmodell, die pmn-Maus, sich eignen, um die Erkrankung der auditorischen Neuropathie nachzubilden. Die Brn3.1 IRES Cre Maus wurde zur Evaluation der Expression von Cre-Rekombinase unter der Aktivitat des Brn3.1 Promotors mit gefloxten Reporter-Mauslinien verkreuzt. Die pmn-Maus ist ein anerkanntes Modell einer Motoneuronerkrankung, hatte aber in vorherigen Untersuchungen erhohte Horschwellen gezeigt.
Alle verwendeten Mauslinien wurden mittels ABR und DPOAE frequenzspezifisch untersucht, um die Funktion der Haarzellen im Corti´schen Organ zu evaluieren. Bei der pmn-Linie wurden die audiologischen Untersuchungen wochentlich zwischen P21 und P35 durchgefuhrt. Zusatzlich wurde das Corti´sche Organ zu diesen Zeitpunkten morphologisch untersucht.
Es zeigte sich, dass alle verwendeten Mauslinien unauffallige Horschwellen verglichen zur Backgroundlinie C57BL/6 hatten sowie DPOAE-Antworten zeigten. Die Verkreuzung der Brn3.1 IRES Cre Linie mit den beiden Reporterlinien zeigte eine nachweisbare Cre-Rekombinase-Expression unter der Aktivitat des Brn3.1 Promotors nur an den postnatalen Tagen P14 und P21. Diese Expression erfolgte mosaikartig in den auseren Haarzellen. Mit Hilfe einer RT-PCR wurde eine Diskrepanz zwischen Genotyp und Expression des Reporterproteins im Gewebe festgestellt. Dies lies vermuten, dass die Expression von Cre-Rekombinase durch gene silencing Prozesse unterdruckt wurde und Brn3.1 als Promotor nicht leistungsstark genug war, um eine Cre-Rekombinase-Expression steuern zu konnen.
Die pmn-Linie zeigte in ABR-Untersuchungen bereits zum Zeitpunkt P21 erhohte Horschwellen in allen untersuchten Frequenzen im Vergleich zum Wildtyp. DPOAE-Antworten waren in der pmn-Linie nur bedingt auslosbar. Es zeigte sich in der morphologischen Evaluation ein Verlust von auseren Haarzellen uber die gesamte Lange des Corti´schen Organes. Durch einen TUNEL-Assay konnte das Absterben dieser Zellen durch apoptotische Vorgange nachgewiesen werden. Der pmn-Phanotyp entsteht durch eine Mutation im TBCE Gen. Dieses Gen kodiert fur ein Protein, welches einen stabilisierenden Einfluss auf die Organisation der Mikrotubuli hat. Die TBCE-Verteilung im Corti´schen Organ zeigte, dass dieses hauptsachlich in den auseren Haarzellen und inneren Stutzzellen exprimiert wird und damit wahrscheinlich einen bedeutenden Einfluss auf die Erhaltung der Haarzellen hat. Eine Analyse des Hornervs zeigte einen Verlust von Mikrotubuli.
Neben diesen in vivo Untersuchungen sollte auserdem eine gliazellfreie Kultur von dissoziierten auditorischen Neuronen etabliert werden. Hierfur wurden mehrere Faktoren einer Primarzellkultur in Bezug auf ihren Einfluss auf die Gesamtzellzahl, den prozentualen Neuronanteil und die Axonlange der Neurone untersucht. Das Medium, die Beschichtung des Zellkulturgefases, die Gabe von Neurotrophinen/Zytokinen und der Einsatz eines Zytostatikums wurden separat untersucht. Es zeigte sich, dass das Medium, die Beschichtung und Neurotrophin-/Zytokingabe hauptsachlich einen Einfluss auf das axonale Langenwachstum von Neuronen haben. Den Prozentsatz der Neurone beeinflusste nur der Einsatz des Zytostatikums Cytosin-β-D-arabinofuranosid (AraC) signifikant. Die Ergebnisse wurden auch im Zusammenhang mit der reellen Neuronanzahl in Kultur gesehen.
Es ergab sich weiterhin eine Praferenz fur DMEM- uber NB-Medium sowie fur zusatzliche Lamininbeschichtung, fur den Einsatz des Zytokins LIF gegenuber den neurotrophen Faktoren BDNF und NT-3 und die Gabe des Zytostatikums AraC ab Tag 2 nach Ausplattierung in einer Konzentration von 5-10 µM. Ein kombinatorischer Einsatz dieser Praferenzen spiegelte in Summe die Ergebnisse der Versuchsreihen Neurotrophine/Zytokin und AraC wieder. Der Anteil der Neurone in der Kultur konnte im Durchschnitt auf 10-12 % gesteigert werden. Eine Verschiebung des Glia-/Neuronenanteils zugunsten letzterer ist vermutlich nur durch den Einsatz weiterer Faktoren oder anderer Methoden moglich.
Die untersuchten Mausmodelle zeigten auf Grund der Untersuchungsergebnisse nur teilweise Ahnlichkeiten mit der Erkrankung der auditorischen Neuropathie. Die Erkenntnisse zur pmn-Mauslinie uber das frequenzspezifische Horvermogen und die morphologische Degeneration im Corti´schen Organ im altersabhangigen Verlauf konnen aber hilfreich sein, um neben der motorischen auch die sensorische Degeneration dieser Pathologie besser zu verstehen. Zudem konnten auch umfassende Erkenntnisse fur die Kultur von dissoziierten auditorischen Neuronen der Maus in Bezug auf verschiedene Variablen erhalten werden.
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