Untersuchung von Peptidomimetika als Inhibitoren für das Chemokin CXCL8

2020 
Als kleine Signalmolekule des Immunsystems spielen Chemokine eine essentielle Rolle bei einer Vielzahl von chronisch entzundlichen Krankheiten und Autoimmunerkrankungen. Die Inhibition der Wechselwirkung dieser Molekule mit ihren korrespondierenden Rezeptoren ist daher eine wichtige Strategie in der Entwicklung neuer Pharmazeutika zur Therapie dieser Entzundungserkrankungen. Ein Ansatz zur Chemokininhibition sind Peptide, die von diesen Rezeptoren abgeleitet werden und damit die Protein-Rezeptor-Wechselwirkung nachahmen und inhibieren konnen. In vorangeganenen Arbeiten wurde mit Hilfe von molekularem Modeling ein Peptid entwickelt, das einen Teil der Bindungsstelle des CXCL8 Rezeptors CXCR1 nachahmt. Dieses Peptid, IL8RPLoops, besteht aus zwei verknupften Sequenzen aus der zweiten und dritten extrazellularen Schleife der Rezeptors, die ausreichend lang sind, um jeweils eine helikale Windung auszubilden. Es bindet mit submikromolarer Affinitat an das Chemokin CXCL8. Wir vermuteten, dass die Vororientierung dieses Peptids in Losung zu einer Rezeptor-ahnlichen Konformation fur die relativ hohe Bindungsaffinitat des linearen Peptids verantwortlich ist. Weitere Untersuchungen ergaben, dass am C-terminalen Ende des Peptids Glutaminsaure, statt Glutamin inkorporiert wurde und dieser durch Desamidierung hervorgerufene Austausch die Ausbildung sekundarer Strukturen des freien Peptids begunstigte. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde daher die Auswirkung bestimmter Sekundarstrukturelemente des aus CXCR1 abgeleiteten Peptids auf seine Affinitat untersucht. Durch Austausch von helixbildenden Peptidbausteinen mit helixbrechenden Peptoidbausteinen mit gleichen Seitenketten wurde deren Einfluss auf die Struktur des potentiell vororientierten IL8RPLoopsE Peptids untersucht und mit der Auswirkung analoger Austausche an einem unstrukturierten Peptid verglichen, das aus dem N-Terminus des gleichen Rezeptors abgeleitet wurde und damit den anderen Teil der Bindungsstelle nachahmt. Bei Varianten des von vornherein unstrukturierten Peptids fuhrten die helixbrechenden Reste zu einer Abschwachung der Bindungsaffinitat, wahrend helixbrechende Reste des IL8RPLoops Peptids diese vollstandig verloren. Im CD-Spektrum dieser Varianten waren keine alpha-helikalen Anteile erkennbar. Es wurden MD-Simulationen durchgefuhrt, um Voraussagen uber die Vororientierung der IL8RPLoops Derivate zu treffen. Dabei zeigte sich, dass die Termini von IL8RPLoopsE im Vergleich zu IL8RPLoopsQ sehr nah beieinander liegen und uber Wasserstoffbrucken miteinander wechselwirken, so dass ein nicht-kovalenter Zyklus in Losung vorliegt. Um den Einfluss dieser zyklischen Konformation auf die Bindungseigenschaften der beiden Peptide zu untersuchen, wurden diese durch orthogonale side-chain-to-tail Makrozyklisierung modifiziert. Die kovalente Zyklisierung erhohte die Affinitat des bindenden, linearen Peptids nur leicht, wahrend die vorher nicht-bindende Variante nach Zyklisierung nun fast die gleiche Affinitat aufwies. Beide zyklisierten Peptide zeigten in Fluoreszenzanisotropie-Messungen eine hohe Anisotropie, die bei Bindung an CXCL8 sank. MD-Simulationen wiesen darauf hin, dass der Fluorophor, der an einem flexiblen Linker verknupft war, mit dem Peptid-Makrozyklus interagierte und bei Bindung des Peptids an das Chemokin verdrangt wurde. Die daraus resultierende Beweglichkeit des Fluorophors fuhrt zu niedriger Fluoreszenzanisotropie, ein Effekt der als „Propeller-Effekt“ bekannt ist. Die Makrozyklisierung der Peptide hatte auserdem im Vergleich zu den linearen Varianten eine Erhohung der Stabilitat gegenuber proteolytischem Abbau zur Folge. Im zweiten Teil der Arbeit sollten Peptidomimetika aus kombinatorischen Bibliotheken identifiziert und weiterentwickelt werden. Die Mix-and-Split Synthese ist eine Strategie, um schnell und einfach eine grose und diverse Anzahl von Substanzen zu synthetisieren, die bindende und inhibierende Eigenschaften gegenuber einem Zielprotein aufweisen konnen. Das Screening einer solchen One-bead-one-compound (OBOC) Bibliothek ist nicht trivial und haufig mit kostspieligen Strategien und Geratschaften verbunden. Es wurden daher in dieser Arbeit eine Methode, basierend auf zwei-Kanal-Fluoreszenzmikroskopie und eine Methode basierend auf modifizierten Magnetpartikeln validiert, die ein einfaches und kostengunstiges Screening dieser Substanzbibliotheken ermoglichen konnen. Zur Methodenentwicklung wurde eine Auswahl an Streptavidin bindenden Peptiden auf TentaGel-HMBA-Syntheseharzsynthetisiert und am Harz entschutzt. Diese Peptide deckten ein weites Spektrum von Bindungsaffinitaten, als auch andere physikochemische Eigenschaften, wie Nettoladung und Lange der bindenden Sequenz, ab, um eine Aussage uber die Anwendbarkeit und Mindestaffinitat fur die Detektion beider Verfahren treffen zu konnen. Im fluoreszenzbasierten Verfahren wurden diese Peptide mit fluoreszent-markiertem Streptavidin inkubiert und mit kurzer Belichtungszeit im RHO und FITC-Kanal des Fluoreszenzmikroskops fotografiert, um das Photobleaching zu minimieren. Sekundare Wechselwirkungen durch elektrostatische Interaktion der mit Peptiden funktionalisierten Partikel und des fluoreszenzmarkierten Proteins wurden durch Variation des Farbstoffs und Kontrollpartikel ausgeschlossen. Die resultierende Methode ist dafur geeignet, kurze Sequenzen, die im niedrigen mikromolaren Bereich an das Zielprotein binden, zu identifizieren. Sie wurde in nachfolgenden Arbeiten dafur verwendet eine Bibliothek von linearen Peptoid-Hexameren erfolgreich gegen CXCL8 zu screenen und im Anschluss daran 17 Hits zu identifizieren und zu charakterisieren. Im Magnetpartikel-basierten Verfahren wurde die gleiche Auswahl von immobilisierten Peptiden mit Streptavidin-beschichteten Magnetpartikeln behandelt, wobei die Partikel der Biotin-Positivkontrolle und der am starksten bindende Sequenz ausreichend mit Magnetpartikeln beladen werden konnten, um im Magnetfeld eines Handmagneten mobilisiert zu werden. Es konnte auserdem gezeigt werden, dass die Streptavidin-Magnetpartikel mit biotinyliertem CXCL8 beladen und anschliesend zur Abtrennung von CXCR1 transfizierte HEK293-Zellen aus einer Suspension und neutrophilen Granulozyten aus Vollblut verwendet werden konnen. Schlieslich wurde eine OBOC-Bibliothek aus 100 000 verschiedenen makrozyklisierten pentameren Peptoiden synthetisiert und mit Hilfe des magnetpartikelbasierten Verfahrens 22 CXCL8 bindende Partikel aus dieser isoliert. Die Sequenzierung und Charakterisierung dieser Liganden ist Bestandteil nachfolgender Arbeiten. Da die Makrozyklisierung in dieser Arbeit bereits bei CXCL8 bindenden Peptiden zu einer Erhohung der konformationellen Rigiditat und Bindungsaffinitat gefuhrt hatte, wurde diese Strategie auch auf die linearen Hexapaptoide aus dem Screening mit 2-Kanal Fluoreszenzmikroskopie angewandt. Es wurde eine on-bead Makrozyklisierung und Fluoreszenzmarkierung dieser 17 Peptoide uber zwei zusatzlich am C-Terminus eingefuhrte orthogonal geschutzte Lysinreste durchgefuhrt. Die resultierenden TAMRA-markierten makrozyklischen Peptomere zeigten ebenfalls den oben beschriebenen „Propeller-Effekt“, und es konnte eine Erhohung der Bindungsaffinitaten zu CXCL8 um etwa eine Grosenordnung im Vergleich zu den entsprechenden linearen Sequenzen nachgewiesen werden.
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