Rückstände von Flammschutzmitteln in Frauenmilch aus Deutschland unter besonderer Berücksichtigung von polybromierten Diphenylethern (PBDE)-Abschlussbericht UMWELTFORSCHUNGSPLAN DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT Aktionsprogramm "Umwelt und Gesundheit"
2005
In der vorliegenden Beobachtungsstudie wurden die PBDE-Belastung in Frauenmilch sowie mogliche Einflussfaktoren untersucht. Das Studiendesign ermoglichte den Einfluss der Ernahrung und der Stilldauer gezielt zu untersuchen. Weitere potentielle Faktoren wurden in einem Fragebogen erfasst und bewertet. In einer worst-case-Betrachtung wurde die tagliche PBDE-Aufnahmemenge fur einen voll gestillten Saugling geschatzt.Im Zeitraum von November 2001 bis Marz 2004 wurden bundesweit von 89 Muttern (Gesamtkollektiv) insgesamt 128 Frauenmilchproben ca. 1 - 2 Wochen und zusatzlich in einigen Fallen ca. 12 Wochen nach der Entbindung gesammelt. 41 Frauen ernahrten sich mit Mischkost (Kohorte 1) und 32 vegetarisch bzw. vegan (Kohorte 2). 16 Mutter erfullten nicht die Einschlusskriterien.Analysiert wurden die 9 Kongenere BDE 28 (Tri-BDE), 47, 66 (Tetra-BDE), 99, 100 (Penta-BDE), 153, 154 (Hexa-BDE), 183 (Hepta-BDE) und BDE 209 (Deca-BDE). Mit diesem Stichprobenumfang gehort die Studie weltweit zu den umfangreichsten Untersuchungen von Frauenmilch auf PBDE.Im Gesamtkollektiv lag der Mittelwert der Summe der 9 Kongenere bei 2,49 ng/g Milchfett. Im Vergleich mit anderen europaischen Landern ordnet sich die Belastung in Deutschland damit eher in den unteren Bereich ein. Die Reihenfolge der Kongenere BDE 47 > 153 > 99 > 100 ist in den meisten europaischen Landern identisch, was auf ahnliche Expositionsquellen hinweist. Werte aus Nordamerika sind mit mittleren Gehalten zwischen 22 bis 73 ng/g Milchfett um das 10- bis 30fache hoher als in Deutschland. Aufgrund der veranderten Reihenfolge der Hauptkongenere BDE 47 > 99 > 100 > 153 ist anzunehmen, dass sich die Expositionsquellen von den europaischen etwas unterscheiden.Das Decabromkongener BDE 209 wurde erstmalig in Frauenmilchproben aus Europa quantifiziert. Diese Ergebnisse belegen, dass trotz seiner niedrigen Bioverfugbarkeit das Decabromkongener absorbiert wird und in Frauenmilchproben, welche die niedrigen Gehalte der europaischen Hintergrundbelastung reflektieren, nachweisbar ist.Erstmalig wurde nachgewiesen, das der teilweise oder vollstandige Verzicht auf den Verzehr tierischer Lebensmittel, aber auch das Stillen mehrerer Kinder zu signifikant niedrigerer PBDE-Korperlast fuhrt. So lag in den Milchproben der Vegetarierinnen der mittlere Gehalt mit 1,65 ng/g Fett statistisch signifikant niedriger als in denen der Mischkostlerinnen mit 2,47 ng/g Fett. Da die Zahl der Mutter, die das 2. oder 3. Kind stillten, bei den Vegetarierinnen im Vergleich zu den Mischkostlerinnen etwas groser war, sind die zwischen den beiden Kohorten beobachteten Unterschiede sowohl auf die Ernahrungsweise als auch auf die Zahl der Stillperioden zuruckgefuhrt worden. Dies wurde mittels multipler linearer Regression modelliert.Eine Verminderung der mutterlichen PBDE-Korperlast nach 3-monatiger Stilldauer konnte nicht beobachtet werden, da vermutlich die Beobachtungsdauer zu kurz war. Auch ein Einfluss von Alter, Body-Mass-Index, Bildschirmstunden (Computer und Fernseher) sowie von Tabakrauchen wurde nicht nachgewiesen.Die von einem 4 Monate alten Saugling uber das Stillen aufgenommene PBDE-Menge ist um den Faktor 10.000 geringer als der niedrigste tierexperimentell ermittelte NOAEL, bei welchem noch keine adversen Effekte beobachtet werden konnten. Wegen des sehr grosen Sicherheitsabstandes kann nach gegenwartigem Kenntnisstand davon ausgegangen werden, dass in Deutschland keine gesundheitlichen Risiken fur den gestillten Saugling bestehen. Die Stillempfehlung der Nationalen Stillkommission, das Kind mindestens 4 bis 6 Monate zu stillen, kann im Hinblick auf PBDE demzufolge uneingeschrankt unterstutzt werden.
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