Vergleichende Analyse verschiedener Stressreaktionen alter Landsorten und moderner Hochertragssorten von Gerste (Hordeum vulgare L.)

2012 
Im Rahmen dieser Arbeit wurde untersucht, ob Kulturpflanzen durch die Zuchtung in Richtung Hochertrag veranderte Stressantworten auf verschiedene abiotische und biotische Stressoren im Vergleich zu ihren Vorfahren aufweisen. Dazu wurden erstmalig die Emissionen biogener fluchtiger organischer Verbindungen (BVOC; biogenic volatile organic compounds) von verschiedenen Gerstensorten analysiert. Es wurden die Emissionsraten (Quantitat) und die Emissionsmuster (Qualitat) der emittierten BVOC heutiger Hochertragssorten mit denen alter Landsorten verglichen, um Anhaltspunkte auf mogliche Veranderungen der Stressreaktionen der Kulturpflanzen zu erlangen. BVOC-Emissionen gehoren dem Sekundarmetabolismus an und spielen haufig eine Rolle bei den Interaktionen von Pflanzen mit ihrer biotischen Umwelt. Ein Ruckgang der Abwehrmechanismen aufgrund der Zuchtung der Kulturpflanzen in Richtung Hochertrag konnte sich demnach in einem Verlust der Fahigkeit BVOC zu emittieren widerspiegeln. Die Analyse der Emissionsmuster der verschiedenen Gerstensorten erfolgte dabei jeweils nach Applikation von Methyljasmonat (MeJA) und Ozon, als Trigger typischer pflanzlicher Stressreaktionen. Um den Durchsatz der vermessenen Pflanzen zu erhohen wurde eine Anlage aufgebaut, mit der mehrere Experimente parallel durchgefuhrt werden konnten. In einem ersten Screening wurden die durch Applikation mit MeJA induzierten BVOC-Emissionen 31 verschiedener Gerstensorten analysiert (n=1). Dieses erste Screening sollte Hinweise auf die fur weiterfuhrende Experimente am besten geeigneten Sorten liefern. Wiederholte Messungen mit Pflanzen einer Sorte (n=2) zeigten aber so hohe Variabilitaten der Emissionsraten, dass eine Eingruppierung in stark bzw. schwach emittierende Sorten nach einem Experiment nicht moglich war. Die Analyse der Emissionen wurde auf sechs Sorten eingeschrankt. Drei alte Landsorten (BCC 1479, BCC 173 und BCC 869) sowie drei moderne Hochertragsorten (Barke, Varde und Marthe) wurden ausgewahlt und mit sechs Wiederholungen je Sorte untersucht. Nach MeJA-Exposition emittierten alle sechs Sorten immer die gleichen BVOC, wobei ausschlieslich Terpenoidemissionen nachweisbar waren. Die alten Landsorten zeigten jedoch hohere Emissionsraten als die Hochertragssorten, wobei hauptsachlich das Monoterpen Linalool und das Sesquiterpen s-Caryophyllen emittiert wurden. Die Unterschiede der Emissionsstarken zwischen den Sorten konnten bisher nicht durch Ergebnisse erganzender Genexpressionsanalysen erklart werden. Auch nach Ozonexposition emittierten alle Gerstenpflanzen immer die gleichen BVOC, Terpenoide und green leaf volatiles (GLVs). Die GLV-Emissionen machten den Hauptanteil an den gesamten Emissionen aus. Die Starke der GLV-Emissionen war zwischen den Gerstensorten nicht signifikant unterschiedlich. Unterschiede der Emissionsraten waren ausschlieslich fur die Monoterpenemissionen zweier alter Landsorten (BCC 869 und BCC 173) zu erkennen. Diese wiesen im Vergleich zu den anderen Sorten erhohte Monoterpenemissionen auf. Jedoch konnten diese Unterschiede wiederum nicht anhand der in dieser Arbeit ermittelten Genexpressionen erklart werden. Die nachgewiesenen Terpenoidemissionen der Gerstensorten konnten durch Pflanzenhormone, wie Jasmonsaure (JA), beeinflusst werden. Von JA wird angenommen, dass es die Biosynthese und Emission terpenoider BVOC triggern soll. Es wurde jedoch keine Korrelation zwischen den endogenen JA-Gehalten und der Starke der Terpenoidemissionen nachgewiesen. In Gerste ist wahrscheinlich die Akkumulation von JA nicht direkt erforderlich fur die Synthese und Emission der Terpenoide. Die gleich starke Expression von JA-responsiven Genen aller Sorten nach MeJA-Exposition zeigt jedoch, dass die Wahrnehmung, also die Reaktion auf JA in allen Sorten gleich stark ist. Um potentielle Unterschiede in emissionsrelevanten Stoffwechselwegen zu finden, mussen weitere molekularbiologische Untersuchungen durchgefuhrt werden. Dabei mussten besonders die Schritte nach der JA-Akkumulation betrachtet werden. Zusatzlich wurde auch uberpruft, ob die Ozonexpositionen tatsachlich ein vergleichbares Emissionsmuster wie nach einem Pathogenbefall induzieren. Exemplarisch wurde eine Infektion mit Pseudomonas syringae pv. syringae durchgefuhrt. Nach dem Pathogenbefall waren Emissionen von Methylsalicylsaure nachweisbar, die nach Ozonexposition nicht vorkamen. Das Emissionsmuster nach dem Pathogenbefall unterscheidet sich daher von dem nach Ozonexposition. Ein vergleichender Herbivorenbefall wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr durchgefuhrt. Insgesamt weisen die Ergebnisse daraufhin, dass durch die Zuchtung der Kulturpflanzen von Gerste nicht das Emissionsmuster verandert wurde, sondern es zu einer Reduktion der Emissionsstarke kam. Dieser eindeutige Einfluss auf Teile des Sekundarstoffwechsels lasst vermuten, dass auch andere Elemente des Sekundarmetabolismus durch die Ertragszuchtung beeinflusst wurden und sich somit die Abwehreigenschaften der heutigen Kultursorten im Vergleich mit den alten Landsorten von Gerste verandert haben.
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