MOEGLICHKEITEN UND GRENZEN DER BEEINFLUSSUNG DES VERKEHRSVERHALTENS DURCHBEWUSSTSEINSBILDUNG
1998
Aufklaerungsarbeit und bewusstseinsbildende Massnahmen zur Erhoehung der Verkehrssicherheit basieren vielfach auf der Annahme, dass aus Einstellungsdaten das Verhalten prognostizierbar ist. Am Beispiel der 1985 von RAAB in Graz durchgefuehrten Studie zu Einstellung und Verhalten betreffend die Benutzung des Sicherheitsgurtes und anhand der Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleituntersuchung nach der Einfuehrung von Tempo 30 am 1.9.1992 in Graz wird dargestellt, dass auch bei positiver Einstellung zu einer Massnahme eine Luecke zwischen Einstellung und Verhalten klafft. So waren lediglich 73 Prozent von 80 Prozent positiv eingestellten Lenkern auch tatsaechlich angegurtet. 62 Prozent der Befragten stimmte dem 30 km/h-Limit zu. Von diesen halten sich nach eigenen Angaben aber nur 39 Prozent sehr exakt an das Limit, 59 Prozent halten es ungefaehr ein und 2 Prozent nie. Aus verkehrspsychologischer Sicht ergibt sich ein erhebliches Problem daraus, dass sich ein sehr grosser Teil von positiv Eingestellten mit einer ungefaehren oder gelegentlichen Umsetzung des als positiv beurteilten Verhaltens begnuegt. Es ist zu befuerchten, dass ein Grossteil der Adressaten fuer bewusstseinsbildende Appelle nicht erreicht wird, da sich diese Gruppe ohnehin als Befuerworter fuehlt. Ein dissonanter Zustand tritt ebenfalls nicht auf, da durch die gelegentliche oder ungefaehre Umsetzung Konsonanz zwischen Einstellung und Verhalten hergestellt wird. Ab einer bestimmten Auspraegung der Akzeptanz einer Vorschrift kann eine weitere Erhoehung des Anteils positiv Eingestellter die Einhaltungsquote nicht mehr wesentlich verbessern. Aufklaerung und Bewusstseinsbildung sollte daher darauf gerichtet sein, nicht nur die Quote der positiv Eingestellten zu erhoehen, sondern bei diesen ein Verhalten zu erreichen, das naeher an der Norm liegt. Dazu muesste die Aufklaerungsarbeit, nachdem ein bestimmtes Niveau der Akzeptanz erreicht ist, staerker verhaltensorientiert sein, indem Handlungsanweisungen, konkrete Beschreibungen des erwuenschten Verhaltens, Hinweise zur Selbstkontrolle und aehnliches gegeben werden. Es muesste auch die Rueckmeldungsphase fuer das Verhalten intensiviert werden. Eine solche Moeglichkeit wird derzeit mit der "Mobilen Tempoanzeige", einem Geschwindigkeitsmessgeraet, das Kraftfahrern ueber ein Grossdisplay eine Rueckmeldung ueber die gefahrene Geschwindigkeit gibt, sehr erfolgreich angewendet. Eine weitere Rueckmeldung muesste durch Ueberwachung erfolgen. Dabei kann die Exekutive davon ausgehen, dass ein Grossteil jener, deren Fehlverhalten zu bestrafenist, dem geforderten Verhalten positiv gegenuebersteht. Grosse Toleranzenwirken fuer die Verhaltensbeeinflussung kontraproduktiv, da dadurch dem Mechanismus einer grundsaetzlich positiven Einstellung, die nur ungefaehr umgesetzt wird, Vorschub geleistet wird. (KfV/H)
- Correction
- Source
- Cite
- Save
- Machine Reading By IdeaReader
0
References
0
Citations
NaN
KQI