Physiologie der Schmerzentstehung in der Peripherie
2020
Dieser Beitrag gibt einen Uberblick uber den Kenntnisstand zu den
Mechanismen der Schmerzentstehung im Gelenk. Er fokussiert sich auf den Vorgang
der Nozizeption in nozizeptiven Nervenfasern des Gelenks und stellt dar, wie
Krankheitsprozesse im Gelenk auf Nozizeptoren wirken. Wahrend
Nozizeptoren im normalen Gelenk eine hohe Erregungsschwelle besitzen und nur
durch hochintensive Reize aktiviert werden, kommt es bei Gelenkerkrankungen
haufig zu einer Sensibilisierung dieser Nervenfasern, sodass sie bereits
auf leichte Reize (Bewegungen, Palpation) ansprechen und nach zentraler
Verarbeitung Schmerzempfindungen auslosen. Eine Sensibilisierung wird
meistens durch Entzundungsmediatoren ausgelost, fur die
die Nozizeptoren Rezeptoren besitzen. Werden Nervenfasern im Erkrankungsprozess
geschadigt, konnen neuropathische Schmerzmechanismen
hinzukommen. Chronische Gelenkerkrankungen sind durch entzundliche und
destruktive Prozesse charakterisiert. Sowohl bei primaren Arthritiden
als auch bei Arthrosen sind entzundliche Prozesse fur die
Sensibilisierung der Nozizeptoren verantwortlich. Dafur werden neben den
Prostaglandinen auch proinflammatorische Zytokine und der Nervenwachstumsfaktor
(NGF) verantwortlich gemacht, fur die viele Nozizeptoren Rezeptoren
exprimieren. Demgemas sind diese Molekule auch Target
innovativer Schmerztherapien, z. B. die Gabe von Antikorpern
gegen NGF bei Arthrose. Besonders fur die Neutralisation von TNF ist ein
direkt schmerzlindernder Effekt nachgewiesen, der aus der Unterbrechung von
nozizeptiven Vorgangen am Nozizeptor resultiert. Der direkte
pronozizeptive Effekt der Zytokine und Bindungsstellen fur Fc-Fragmente
von Antikorpern an Nozizeptoren zeigen, dass Immunmechanismen auch
fur die Schmerzentstehung grose Bedeutung haben. Auch
destruktive Gelenkprozesse konnen Schmerzen verursachen. So kann bereits
die Osteoklastenaktivitat im praklinischen Stadium einer
Arthritis Schmerzen verursachen, und nach Ausbruch der Arthritis tragen
Destruktionsprozesse zu Schmerzen bei. Inwieweit die Hemmung der
Osteoklastenaktivitat Gelenkschmerzen lindert, wird derzeit erforscht.
Auch weitere neue Ansatze, peripher wirksame Opioide, Cannabinoide und
Ionenkanalblocker werden dargestellt. Schlieslich geht der Beitrag auf
generelle/systemische Faktoren ein, die Krankheitsprozesse im Gelenk und
die Schmerzentstehung beeinflussen. Hier wird in erster Linie die Bedeutung des
Diabetes mellitus angesprochen. Diese Stoffwechselerkrankung stellt einen
Risikofaktor fur die Entwicklung von Arthrosen dar, und sie
tragt zur Schmerzintensivierung bei. Dabei konnen
verstarkte Entzundungsprozesse und auch neuropathische
Schmerzkomponenten beteiligt sein.
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