El sarcÓfago romano con musas de la capilla de JunterÓn de la Catedral de Cartagena, en Murcia: Un palimpsesto del siglo XVI

2001 
Als im Oktober 1998 archaologische Arbeiten dem Einbau einer Beluftungskammer in die Capilla de Junteron vorausgingen, entdeckte man einen Musensarkophag. Dieser war als Grablege von Gil Rodriguez Junteron wiederbenutzt worden, der fur die Nutzung bzw. Anlage von Oratorien als personliche Mausoleen eingetreten war. Dieser Stifter war apostolischer Protonotarius und Pfalzgraf (conde palatino) am papstlichen Hof des Julius II. della Rovere sowie Erzdiakon fur Lorca am Domkapitel der Diozese von Cartagena. Das Exemplar zeigt auf der alten Vorderseite ein Fries von neun Musen in Hochrelief und ist von zweifachem Interesse: Es erweitert einerseits den Bestand der Musensarkophage, deren Produktion im 3. Jh. ihren Hohepunkt erreicht hatte. Da es wahrscheinlich aus einer stadtromischen Werkstatt stammt, ist seine Wiederverwendung in Murcia im 16. Jh. von historischer Bedeutung. Wie alle anderen Wiederverwendungen von Antiken lenkt sie den Blick auf eines der wichtigsten Themen der abendlandischen Kunstgeschichte, namlich auf die Verbindung der Klassischen Antike mit den verschiedenen Formen ihres Fortlebens und ihrer Renaissancen. Eine Detailanalyse der Attribute und der Bewegungsmotive der Musen bestimmt die typologischen und ikonographischen Fragen. So ist es moglich, von rechts nach links Polyhymnia, Klio, Erato bzw. Terpsichore, Euterpe, Kalliope, Thalia, Terpsichore bzw. Erato, Urania und Melpomene zu identifizieren. Der Fries wird von insgesamt funf Achsen gegliedert, von denen eine mittlere Achse in Kalliope zentriert ist, an die vier Nebenachsen in den mittleren und seitlichen Bereichen des Reliefs anschliesen. Sie geben dem Relief einen deutlich vertikalen Akzent, die Grundlage fur seine rhythmische und harmonische Gestaltung. Technik und Stil stutzen die Datierung dieses Werkes in das Ende des 3. Jhs., wahrscheinlich in die zweite Halfte der Tetrachie (ca. 285/290–310).Der Sarkophag wurde entweder aus einer nahe gelegenen Nekropole oder aus der Stadt Rom selbst nach Murcia transportiert, und zwar mit Sicherheit vor 1528, wie dem Epitaph des Gil Rodriguez auf der Ruckseite des Sarkophages, welche durch diese Bestattung zur neuen Vorderseite wurde, zu entnehmen ist. Das antike Relief der rechten Nebenseite wurde abgearbeitet, bevor man die Waffen des Verstorbenen einmeiselte. Auf der gegenuberliegenden Seite blieben die Arbeiten der Wiederverwendung unvollendet. In dem einzigen bekannten Testament des Erzdiakons aus dem Jahr 1543 wird verfugt, das der Sarkophag »alto en la recapilla [des Oratoriums], delante del altar« (frei sichtbar vor dem Altar der Nebenkapelle) aufgestellt werden soll, d. h. er sollte die Mitte des Mausoleums einnehmen. Alles weist darauf hin, das dieses Vorhaben ursprunglich den monumentalen italienischen Grabanlagen dieser Epoche ahnelte, wie dem 1505 von Michelangelo Buonarroti fur Papst Julius II. geschaffenen Entwurf, den er aber niemals ausfuhrte und von dem wir durch die Beschreibung von Vasari unterrichtet sind. Dieser berichtete von einem zentralen Sarkophag, der fur die Bestattung des Pontifex bestimmt war.Der Aufenthalt des Gil Rodriguez de Junteron in der Urbs Sancta (1505–1510) fallt tatsachlich in diese Epoche, und es ist nicht abwegig anzunehmen, das das Projekt Michelangelos ihm als Anregung fur seine Grabkapelle, die zwischen 1525 und 1543 errichtet wurde, gedient haben mag, und zwar in dem Wunsch, eine Sarkophagbestattung zu besitzen, die an den papstlichen Hofen des 10.–15. Jhs. Papsten, Bischofen und hochsten Wurdentragern vorbehalten war. Die Wiederverwendung des antiken Sarkophags in Murcia setzt auch eine profunde Kenntnis der Antike voraus, wie sie einem in der Welt des italienischen Humanismus versierten Renaissancegelehrten eigen war. Dennoch gibt es kein Dokument daruber, das die Wahl des Musenthemas durch den Erzdiakon beabsichtigt gewesen ware, obgleich die klassizistischen Konnotationen des – von ihm selbst entworfenen – gesamten ornamentalen Programms der Begrabniskapelle dem nicht widersprechen wurden.So wie der Sarkophag auf uns uberkommen ist, scheinen allerdings die genannten testamentarischen Bestimmungen niemals erfullt worden zu sein. Nach Auswertung der verschiedenen uns zur Verfugung stehenden Daten ist es offensichtlich, das entweder auf Wunsch des Protonotarius selbst oder wegen des Widerstandes des Domkapitels gegen sein Vorhaben oder aus irgendeinem anderen uns bisher unbekannten Grund die Bestattung in der Form erfolgte, in der sie jetzt vorgefunden wurde. Die unvollstandig gebliebene Ausfuhrung der linken Nebenseite ist von hochstem Interesse, um schlieslich den Prozes der Wiederbenutzung begreifen zu konnen. Die Unterbrechung der Steinmetzarbeiten fur einen neuen Schild, vielleicht den des Papstes Julius II., konnte der Punkt gewesen sein, an dem es zu einem Sinneswandel hinsichtlich des Aufstellungortes kam, was ganz sicher zwischen 1543 und 1552 geschah. Durch solche die Aufstellung betreffenden Geschehnisse verkam die ‘humanistische’ Wiederbenutzung des antiken Sarkophages zu einer blosen funktionellen Wiederverwendung im Untergrund der Nebenkapelle, womit die Wunsche des apostolischen Protonotarius nach Grose und Selbstdarstellung teilweise vereitelt wurden.
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