Analyse des Wnt-Signalweges in Keimzelltumoren des Kindesalters

2012 
Keimzelltumoren des Kindesalters umfassen eine heterogene Gruppe von embryonalen Tumoren. Klinische, histopathologische und molekularbiologische Analysen dieser Tumoren legen nahe, dass maligne (bosartige) Dottersacktumoren im Vergleich zu benignen (gutartigen) Teratomen eine spatere Stufe in der Tumorentwicklung darstellen. Die Progression vom reifen oder unreifen Teratom bis hin zum Dottersacktumor geht mit einem Zugewinn charakteristischer chromosomaler Imbalanzen einher und verschlechtert die Prognose des Patienten entscheidend. Der Verlauf ist mit der Progression von benignen kolorektalen Adenomen zu malignen Karzinomen vergleichbar. Diese geht haufig mit Mutationen des Tumorsuppressorgens APC einher und resultiert in einer aberranten Aktivierung des kanonischen Wnt/s-Catenin-Signalweges. Zu dessen zentralen biologischen Funktionen zahlen unter anderem die Koordination der Embryonalentwicklung sowie die Kontrolle von Zellproliferation und Apoptose. Die aberrante, konstitutive Aktivierung des Wnt-Signalweges stellt einen der Hauptmechanismen in der onkogenen Transformation verschiedener Tumorentitaten, auch embryonaler Tumoren, dar und ist charakterisiert durch einen blockierten Abbau des Schlusselproteins s-Catenin. Als Ursache dafur sind Veranderungen auf verschiedenen regulatorischen Ebenen identifiziert worden. Hinsichtlich der Bedeutung des Wnt-Signalweges lagen bei der Pathogenese von Keimzelltumoren des Kindesalters nur wenige, zudem kontroverse Daten vor. Um die klinisch fassbaren Schritte der Tumorprogression bei Keimzelltumoren molekularbiologisch zu charakterisieren, wurde im Rahmen dieser Arbeit Material von insgesamt 50 Patienten mit Keimzelltumoren unterschiedlicher histologischer Subentitaten analysiert. Die Tumoren wurden auf genetische und epigenetische Aberrationen sowie Expressionsmuster zentraler intra- und extrazellularer Regulatoren des Wnt-Signalweges untersucht. Die in dieser Arbeit erhobenen Daten demonstrieren eine konstitutive Aktivierung des Wnt-Signalweges in Keimzelltumoren. Der Nachweis einer s-Catenin-Akkumulation beschrankt sich jedoch auf einzelne Subentitaten und kann in nicht-seminomatosen Teratomen und Dottersacktumoren, nicht aber in Dysgerminomen erfolgen. Mutationen in den relevanten funktionellen Bereichen von s-Catenin und APC wurden nicht nachgewiesen. Methylierungsspezifische PCR und Bisulfitsequenzierung zeigten eine aberrante APC-Promotorhypermethylierung in Dottersacktumoren, zum Teil assoziiert mit einem Allelverlust. Weiterfuhrende Analysen identifizierten APC jedoch als nicht ursachlich verantwortlich fur eine aberrante Aktivierung des Wnt-Signalweges in Keimzelltumoren. Durch den anschliesend mittels quantitativer Real-Time PCR durchgefuhrten molekularbiologischen Vergleich der Tumorsubentitaten wurde eine differentielle Genexpression insbesondere von Wnt-Antagonisten deutlich. Wahrend in Teratomen eine Regulierung der Wnt-Signalwirkung durch negative feed-back-Mechanismen denkbar ist, konnte die gleichzeitige Inhibition von Antagonisten wie WIF1 und DACT3 in Dottersacktumoren zur Malignisierung der Tumoren, und damit zu ihrer Progression beitragen. Die Repression des extrazellularen Wnt-Antagonisten SFRP2 in Dottersacktumoren konnte in funktionellen Analysen auf eine aberrante Hypermethylierung des Promotors zuruckgefuhrt werden. Die immunhistochemische Identifizierung von EpCAM als tumorassoziiertes Antigen in Dottersacktumoren untermauert schlieslich die Bedeutung des Wnt-Signalweges in Keimzelltumoren. Aus den Daten dieser Arbeit ergibt sich eine weiterfuhrende und genauere tumorbiologische Differenzierung der Subentitaten von Keimzelltumoren bei Kindern und Jugendlichen. Die Ergebnisse bieten damit zum einen ein besseres Verstandnis der Progressionsschritte vom Teratom zum Dottersacktumor und liefern zum anderen die Grundlage fur weiterfuhrende Analysen, die in biologischen Therapieansatzen insbesondere bei therapieresistenten Tumoren resultieren konnten.
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