Entwicklung der Einsatzflächen mit biologischen Pflanzenschutzverfahren, insbesondere dem Nützlingseinsatz, in Baden-Württemberg seit 1979: eine Umfrage mit neuen Daten aus den Jahren 2013 und 2014

2017 
Um die Fortschritte im biologischen Pflanzenschutz erfassen zu konnen, werden seit 35 Jahren insbesondere die Verfahren mit kommerziellem Nutzlingseinsatz in verschiedenen Kulturbereichen in Baden-Wurttemberg ermittelt. Damit ist diese regionale Datenerhebung zum biologischen Pflanzenschutz die alteste und umfassendste in Deutschland. Die Umfrage erfolgt in der Regel alle zwei Jahre und wird an aktuelle Entwicklungen angepasst.1979 wurden zunachst nur die Schlupfwespe Encarsia formosa und die Raubmilbe Phytoseiulus persimilis ein­gesetzt. Die Einsatzflachen haben sich bei E. formosa von 3,0 ha (1979) auf 153,4 ha (2014) um das Funfzigfache und bei P. persimilis von 1,4 ha (1979) auf 122,5 ha (2014) um das fast Neunzigfache erhoht. Seit den fruhen 1990ern wurden weitere Nutzlinge, darunter Florfliegen (2014: 28,0 ha), Ambylseius-Raubmilben (2014: 237,3 ha), nutzliche Gallmucken (2014: 91,8 ha) und verschiedene Blattlausschlupfwespen (2014: 173,7 ha) kommerziell angeboten und ermoglichten vor allem in Gemusekulturen unter Glas oder Folientunneln einen biologischen Pflanzenschutz zu fast 100%. Im Jahr 2014 betrug die Gesamtflache mit Nutzlingseinsatz (28 Arten) im geschutzten Anbau in Baden-Wurttemberg 423 ha. Damit hat sich die Flache in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Der Nutzlingseinsatz in Gemusekulturen im Gewachshaus oder unter Folie (2014: 324,6 ha), inzwischen inkl. Erdbeeren und Krautern, hat sich in den fruhen 1990ern auf den Zierpflanzenanbau (2014: 64,4 ha) erweitert. In den letzten 15 Jahren spielt Freilandgemuse eine zunehmende Rolle (2014: 922,2 ha), sowie der Bereich Zier­geholze und offentliches Grun (2014: 83,2 ha). Hier kommen auch weitere nutzliche Organismen wie Nematoden und Mikroorganismen zum Einsatz. Als neue Kategorie wurde in die aktuelle Umfrage der Bereich Beerenobst im geschutzten Bereich (2014: 85,3 ha) mit uberwiegendem Nutzlingseinsatz aufgenommen.Der Einsatz von Nutzarthropoden wurde mit den Jahren erweitert um entomopathogene Nematoden (nutz­liche Fadenwurmer, 2014: 99 ha, z.B. Heterorhabditis sp., Steinernema sp.), nutzliche Mikroorganismen (2014: 880 ha), darunter zur Schadlingsbekampfung (2014: 169 ha, z.B. Bacillus thuringiensis) sowie Bodenhilfsstoffe (2014: 593 ha, z.B. Bacillus amyloliquefaciens), sowie nutzliche Pilze (2014: 104 ha, z.B. Conithyrium minitans). Im Obstbau sind insbesondere das Apfelwickler-Granu­losevirus (2014: 640 ha), sowie die biotechnische Pheromonverwirrung (2014: 536 ha), die auch im Weinbau eingesetzt wird, von Bedeutung. Weitere, nicht direkt durch die Umfrage erfasste Bereiche mit Nutzlingsanwendung sind der Einsatz von Trichogramma-Schlupfwespen gegen den Maiszunsler seit uber 30 Jahren auf inzwischen etwa 20.000 ha. Verschiedene Trichogramma-Arten werden auch im Obstbau (Apfel, Pflaume), aber vor allem im Hausgartenbereich gegen Wickler angeboten. Ein neuer Anwendungsbereich, der sich uber die Jahre entwickelt hat, ist der Nutzlingseinsatz im Vorratsschutz, sowohl im Getreidelager als Nachernteschutz gegen Motten und Kafer und in der Schadlingsbekampfung im Haushalt, z.B. gegen Lebensmittelmotten.Die Auswertung der Umfragen zeigt eine deutliche Entwicklung in der Steigerung der Flachenanteile, der Erschliesung neuer Anwendungsbereiche mit Nutzlings­einsatz und einer immer breiteren Vielfalt an Nutzarthropoden- und Mikroorganismen-Arten fur biologische Verfahren. Inzwischen gibt es im Pflanzenbau keinen Kulturbereich mehr ohne biologische Bekampfungsverfahren mit nutzlichen Organismen.
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