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Technik Motiv Sensation

2015 
Meine Diplomarbeit steht unter dem Zeichen der systematischen Verortung des Expressiven in der Malerei Paul Cezannes ab den 1870er Jahren. Diese verzichtet im Gegensatz zu seinen fruhen Gemalden, deren emotional geladene Sujets vielfach ins Auge stechen, weitgehend auf unmittelbar als expressiv erkennbare Bildinhalte, was nicht selten als eine Art der Sublimation jugendlich romantischer Gefuhle in einer selbstbeherrschten Arbeit an formalen Eigenschaften der Malerei bzw. Naturbeobachtung interpretiert wurde. Entgegen einer solchen Psychologisierung des „Stilbruchs“ in Cezannes Werk interpretiere ich dieses als den bewussten und systematischen Versuch, die Expressivitat der Malerei einerseits aus ihrer Abhangigkeit von den traditionellen reprasentationalen Funktionen des Mediums zu emanzipieren und zugleich zu einer radikalen Subjektivierung des Ausdrucks zu gelangen. Der erste Teil meiner Arbeit macht vor dem Hintergrund (bild-)theoretischer Uberlegungen der fur die rhetorisch-akademische Tradition typischen Verhaltnisse zwischen Reprasentation und Expressivitat in der Malerei verstandlich, inwiefern sich bereits an Cezannes fruher ungewohnlicher Technik des Farbauftrags (die exzessive Palettemesser-Malerei) eine an Charles Baudelaires romantische Asthetik anschliesende Uberwindung des Paradigmas von „Ausdrucks qua Reprasentation“ und von Stil als expressive, decorative Entsprechung der Darstellungsmittel mit den Charakter des Sujets abzeichnet. Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit dem Begriff des Motivs, an welchem die zunehmende Relativierung und Nihilierung des Sujets als Garant von malerischer Expressivitat in der Tradition der Romantik nachvollzogen werden kann. Dabei wird gezeigt, dass Cezannes in Ubereinstimmung mit Gustave Flaubert das Motiv nicht als im Vorhinein feststehenden Gegenstand der Darstellung auffasst, sondern als dasjenige, was erst in der Entwicklung einer subjektiven Behandlung des Gegenstandes, einer Technik des Ausdrucks zum Vorschein kommt. Der dritte und letzte Teil meiner Arbeit expliziert, wie sich diese Auffassung des Motivs im Kolorismus von Cezannes Malerei ab den 1870er Jahren manifestiert. Es wird argumentiert, dass das fur Cezanne zentrale Problem der Ubersetzung von Farbempfindungen in das Medium der Malerei in Gegenuberstellung zu Michel Eugene Chevreuls Theorie der simultanen Farbkontraste, sowie zur impressionistischen Praxis einer spontanen Notation von Sinneseindrucken verdeutlicht werden kann. Die Differenz zu beiden Ansatzen wird abschliesend in einer Analyse von Cezannes (unter seinen Zeitgenossen einzigartiger) Verwendung des Begriffs der sensation colorante prazisiert.
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