Metasprachliche Reflexion und Diskontinuität

2015 
Dieser Band entstand auf der Basis von Beitragen, die zum XXIV. Internationalen Kolloquium des Studienkreises ‘Geschichte der Sprachwissenschaft’ vom 22. bis 24. August 2013 vorgetragen wurden. Ausschlaggebend fur die Wahl des Themas war nicht ein Befolgen des Zeitgeistes, der immer wieder auf die Krise hinweist, die Europa durchlebt und die sich naturlich auch im metasprachlichen Bewusstsein niederschlagt, sondern die Absicht, eine von der Feststellung von Kontinuitaten in der Entwicklung der Sprachwissenschaft unterschiedene Forschungsperspektive einzunehmen. Krisenzeiten und Umbruche fuhren allerdings tatsachlich auch zu veranderten Diskursstrategien und Bezeichnungsmustern, die auch von linguistischen Laien wahrgenommen und diskutiert werden. Sprachwandeltheorien spiegeln zwar ein Bewusstsein von Phasen sehr dynamischer sprachlicher Entwicklungen wider, nicht jedoch ein Interesse an dem gesellschaftlich bedingten initialen Moment, an dem anfanglichen Ausloser von Sprachwandel. Eine Umbruchkonzeption, die Gesellschafts- und Sprachgeschichte in diesem Sinn aufeinander beziehen wurde, wurde bisher nicht entwickelt. ... Viel mehr als dieser lebensweltliche Bezug des Verhaltnisses von Sprache und Krise bildete jedoch die Sichtung der historiographischen Literatur der letzten Jahre und Jahrzehnte den Ausgangspunkt fur das Thema dieses Bandes. Immer wieder werden begriffliche Kontinuitaten, Einflusse zuruckliegender Autoren auf spatere und die Verpflichtung moderner Theorien gegenuber fruheren Ansatzen konstatiert. Meistens geschieht dies zu Recht, doch das wissenschaftshistorische Interesse fur die Innovation oder auch den theoretischen Verlust, mit einem Wort die Diskontinuitat, sollte nicht vernachlassigt werden. Dabei gibt es durchaus immer wieder Behauptungen des vollig Neuen in sprachtheoretischen Publikationen, die eine Tradition und die jetzt neue, gultige Theorie, die sogenannte Vorgeschichte eines Theorems und den Beginn der eigentlichen Wissenschaft in Gegensatz zueinander stellen. Doch solche Behauptungen stammen von den Sprachwissenschaftlern selbst, sie dienen meist der Hervorhebung des eigenen Standpunkts und sind keine Ergebnisse professioneller Historiographie.
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