Herausforderungen der Schmerzerfassung und -therapie bei Personen mit Intelligenzminderung und Entwicklungsstörungen: Deutsche Fassung

2021 
Intelligenzminderung und Entwicklungsstorungen („intellectual and developmental disabilities“ [IDD]) umfassen Zustande, die mit korperlichen Funktionsstorungen, Lern‑, Sprach‑, Verhaltensstorungen und/oder geistiger Behinderung assoziiert sind. Schmerz ist eine haufige sekundare Storung, die die funktionellen Fahigkeiten und die Lebensqualitat beeintrachtigt. Der vorliegende Beitrag thematisiert die wissenschaftlichen und klinischen Herausforderungen der Schmerzerfassung und -therapie bei Personen mit schweren IDD. Dieses klinische Update ist assoziiert an die IASP-Kampagne „Global Year Against Pain in the Most Vulnerable“ von 2019 und fasst selektiv wiederkehrende Probleme sowie die beste Evidenz und das beste praktische Vorgehen zusammen. In der Schmerzforschung der vergangenen zehn Jahre wurden unter anderem standardisierte Instrumente der Schmerzbeurteilung fur Personen mit schweren IDD entwickelt. Dennoch gibt es kaum empirische Belege, dass Schmerz klinisch besser erfasst oder therapiert wird. Die Datenlage, auf die sich wirksame Schmerztherapieverfahren in der Praxis stutzen konnen, ist limitiert. Daher sind Behandlungsansatze weitgehend empirisch und hoch variabel. Das ist problematisch, da Personen mit IDD dem Risiko ausgesetzt sind, arzneimittelbedingte Nebenwirkungen zu entwickeln. Zudem konnen Behandlungsansatze, die in anderen Populationen wirksam sind, den Schmerz in IDD-Populationen verstarken. In der Forschung stellen folgende Aspekte besondere Herausforderungen dar: systematische Verzerrungen bei Schmerzscores zur Selbst- und Fremdeinschatzung; Identifikation valider Endpunkte fur Therapiestudien; Erzielung einer ausreichenden statistischen Power angesichts kleiner Stichproben; fehlende Moglichkeit einer einfachen Untersuchung der zugrunde liegenden Schmerzmechanismen aufgrund der beeintrachtigten Fahigkeit zur Selbsteinschatzung. Trotz der kritischen Herausforderungen gibt es immer wieder neue Entwicklungen in der Forschung sowie Aktivitaten zum Wissenstransfer bezuglich Schmerz und IDD. Des Weiteren gibt es laufende internationale Kooperationen.
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