Protestbewegungen als habituell stabilisierte Konfliktsysteme
2002
Ursache und Ausloser sozialer Bewegungen sind nicht nur soziale, kulturelle und politische Konfliktsituationen. Das individuelle Erleben kollektiv geteilter Probleme bindet die Bewegungsteilnehmer auch psychosozial und ist die Voraussetzung fur ihre Mobilisierung und ihre anhaltende Bindung (commitment). Die individuelle Bindung wird umso starker, je mehr in einem sozio-kulturellen Konflikt nicht nur die soziale Lage der Teilnehmer betroffen ist, sondern auch ihre Weltanschauungen, Wirklichkeitsmodelle und psychosozialen Selbstentwurfe. Die soziologische Bewegungsforschung stellt daher schon seit langerer Zeit fest, dass Neue Soziale Bewegungen ihr politisches Protesthandeln immer starker im Zeichen von Identitatspolitik definieren. Ob Friedensbewegung, Okologiebewegung, Frauenbewegung oder Homosexuellenbewegung, immer werden die politischen und sozialen Konflikte von den Aktivisten auch als individuelle Probleme wahrgenommen und empfunden. In ihren Kampagnen und Aktionen wird entsprechend haufig das individuelle Risiko in den Vordergrund gestellt, mit dem jeder einzelne angesichts unkontrollierter Modernisierung konfrontiert ist.
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