Unklare Raumforderung der Orbita – Therapie und Verlauf

2016 
Das Pleomorphe Adenom ist der haufigste Tumor der Speicheldrusen und betrifft v. a. Frauen in der 5.–7. Lebensdekade mit einem Geschlechterverhaltnis von 3:1. Es tritt in erster Linie in der Glandula parotis auf. Diagnostische und therapeutische Konzepte sind etabliert; das pleomorphe Adenom gilt als der am besten beschriebene Speicheldrusentumor. Raumforderungen der Tranendruse dagegen sind eine wahre Raritat: Sie treten seltener als einmal unter 1 Mio. Menschen pro Jahr auf. Etwa die Halfte dieser epithelialen Neoplasien sind pleomorphe Adenome. Weitaus seltener treten Onkozytome oder Myoepitheliome auf. Die anderen 50 % der epithelialen Tranendrusentumore sind maligner Natur, darunter am haufigsten adenoid-zystische Karzinome. Tranendrusentumore, insbesondere pleomorphe Adenome, treten in allen Altersgruppen mit einem Haufigkeitsgipfel um das 40. Lebensjahr auf. Sie betreffen Manner und Frauen gleichermasen. Typische Symptome sind periokulare Schwellung, reduzierte Bulbusmotilitat und Diplopie. Schmerzen treten bei gutartigen Veranderungen i. d. R. nicht auf, gelten aber als Kardinalsymptom des adnoid-zystischen Karzinoms der Tranendruse, das von 80 % der Betroffenen als Erstsymptom beschrieben wird. Pathophysiologisch resultiert das Schmerzempfinden aus der Infiltration sensibler Nerven. Bei Patienten, die an einem pleomorphen Adenom der Tranendruse erkrankt sind, ist die mittlere Dauer vom Auftreten erster Krankheitszeichen bis zur ersten Arztkonsultation etwa 24 Monate. Bei klinischem Verdacht auf ein pleomorphes Adenom der Tranenduse ist die CT- oder MRT-Bildgebung mit Kontrastmittel Diagnostik der Wahl: Die Tumore imponieren als solide, scharf begrenzte, kontrastmittelanreichernde, runde oder ovalare Raumforderungen, die gelegentlich Zeichen von Kalzifikation oder Verknocherung zeigen. Eine Darstellung mittels Ultraschall, analog zu den Speicheldrusen, ist aufgrund der knochernen Orbita oft nicht moglich. Therapeutische Konzepte zielen in erster Linie auf eine vollstandige Exstirpation des Tumors in toto, wobei die laterale Orbitotomie mit der temporaren Entfernung der seitlichen Orbitawand als Zugang der Wahl betrachtet wird. Hier besteht sehr gute Ubersicht uber das Operationsgebiet, die eine Erweiterung des Eingriffs auf die Entfernung der gesamten Tranendruse erlaubt. Alternativ kommt eine superolaterale Schnittfuhrung im Bereich des Oberlids in Betracht. Grose Bedeutung kommt der akribischen Blutstillung zu, die mit der Applikation eines adrenalinhaltigen Lokalanasthetikums unterstutzt wird. Als Erganzung der chirurgischen Therapie kann beim pleomorphen Adenom der Tranendruse eine fraktionierte Bestrahlung mit einer Dosierung von 66–70 Gy zum Einsatz kommen, insbesondere dann, wenn der Patient nicht operationsfahig ist, der Tumor nicht vollstandig entfernt werden konnte oder bereits mehrfach Rezidive aufgetreten sind. Diese adjuvante Therapie ist von der Behandlung der Speicheldrusenadenome abgeleitet. Bei unvollstandiger Tumorresektion und/ oder Perforation der bindegewebigen Kapsel sind die Patienten in ein langfristiges Recallsystem einzubinden, um ein Tumorrezidiv oder die maligne Transformation rechtzeitig zu detektieren. Die Gefahr fur eine maligne Transformation steigt mit der Rezidivhaufigkeit sowie einem Lebensalter von uber 45 Jahren [1, 2, 3].
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