Ein Kommentar aus regulatorischer Sicht zum Beitrag: „Die Risikobewertung von Kanzerogenen und die Wirkungsschwelle, Teil I bis III“

2006 
In seinem 3-teiligen Beitrag „Die Risikobewertung von Kanzerogenen und die Wirkungsschwelle“ legte Hans-Gunter Neumann ausfuhrlich dar, dass und warum das traditionelle Konzept der „Wirkungsschwelle“ zur Regulation von Stoffen mit kontinuierlichem, jedoch sehr flachem Dosis-Risiko-Verlauf (vgl. Stoffe der MAK-Gruppen 3–5) aus biochemisch-toxikologischer Sicht fragwurdig ist. Die angebotenen Alternativen (1)–(4) sind nach Ansicht der Autoren dieses Kommentars regulatorisch aber (noch) nicht immer praktikabel. Das ALARA-Prinzip (1) der technischen Vermeidung von Emissionen dort, wo sie entstehen, liefert keine stoffspezifisch quantifizierenden Aussagen. Ohne solche Aussagen kann im umweltbezogenen Gesundheitsschutz in der Regel nicht konkret gehandelt werden. Experimentelle „Wirkschwellen“ wie NEL, NOEL und NOAEL (2a) oder auch die regulatorische Scheidung „nennenswerter“ von „nicht nennenswerten“ Risiken (2b) sind entweder Artefakte oder nur willkurlich zu setzen. Das Angebot kontinuierlicher, exakt ausgemessener „Risikobereiche“ (3) verschiebt das regulatorische Problem, letztlich immer zwischen unterschiedlichen Punktschatzungen entscheiden zu mussen, in den Bereich des Risikomanagements, wo es nicht hingehort. Die Methode des „Human-Biomonitoring“ (HBM) (4) liefert zwar experimentell uberprufbare, quantitative Aussagen bis (theoretisch) hin zu individuellen Risikohohen, leidet jedoch (noch) unter methodischen Einschrankungen, vor allem aber unter prognostischer Blindheit. Nach Ansicht der Autoren dieses Kommentars sind Stoffe mit kontinuierlichem Dosis-Risiko-Verlauf, sei dieser nun steil oder flach, prognostisch bis auf weiteres nur durch ein Konzept der „Risikozahl“ bewertbar. In deren Berechnung muss aber ein methodisch definiertes Mindestmas an experimentell erzeugter Information zum Wirkungsmechanismus und zum Verteilungsverhalten des fraglichen Stoffes im Zielorgan oder -organismus eingeflossen sein. Das traditionelle Wirkschwellenkonzept zur prognostischen Bewertung des dosisabhangigen Risikopotenzials von Stoffen mit diskontinuierlichem Dosis-Risiko-Verlauf bedarf weiterhin der Verbesserung durch ein wissenschaftlich-experimentelles Konzept (Benchmark-Konzept) der Wirkstarkenermittlung.
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