„From New York to L.A.“: Aufstieg, Blüte und Krise der US-amerikanischen Stadt

2017 
Es ist das weite Land mit seinen unermesslich erscheinenden Distanzen, das von auserhalb oft als das charakteristischste Erscheinungsbild der USA erachtet wird und das auch die amerikanische Bevolkerung selbst als tragendes Fundament ihrer Gesellschaft wahrnimmt (vgl. Kap. 3). „The Land“ – ob konkret als „ranch land“, „farm land“ oder Immobilienbesitz, oder symbolisch als Wegmarke der nach Westen vordringenden Siedlungsexpansion – besitzt einen besonderen sozialen Stellenwert und wird bei vielen Gelegenheiten als konstitutiv fur das US-amerikanische Selbstverstandnis gefeiert und bisweilen moralisch regelrecht uberhoht dargestellt. Das Wohnen auf dem eigenen Stuck Land gilt als anerkannter Standard, und die klaren Demarkationen auch scheinbar ungenutzten Territoriums („wilderness“) unterstreichen diese Einstellung ebenso wie die alltagssprachliche Verwendung von „land“ bis in den stadtischen Kontext hinein: So ist etwa der Vermieter oder Hausbesitzer bis heute ein „landlord“ geblieben. Diese emotionale Nahe zu Land, landlichem Raum und auch das daraus ableitbare Bemuhen, die Natur zu bewahren und zu schutzen, lauft seit mindestens eineinhalb Jahrhunderten kontrar zur Lebenswelt der Amerikanerinnen und Amerikaner, die seit der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts durch sich immer weiter ausdehnende Stadte und Stadtlandschaften gepragt wird, in denen bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts mehr als die Halfte der Bevolkerung lebt. Die Urbanisierung, also das Wachstum der Stadte in Zahl und Flache, hat Amerika grundlegend transformiert und dem Mythos von „land“ (und „real estate“, also dem „wirklichen, echten Vermogen“) eine komplementare Welt der Stadt hinzugefugt, die ihrerseits das Bild der USA so erfolgreich steuert, dass oft von einem „Stadtland“ USA die Rede ist. Allerdings ist der Boom dieses „Stadtlands“ mancherorts schon seit langerer Zeit an seine Grenzen gelangt, und in vielerlei Hinsicht sind Amerikas Stadte mit Krisen konfrontiert und vom Niedergang betroffen. Wo liegen die eigentlichen Entwicklungsmotoren der Stadte, wo die aktuellen Herausforderungen und Strukturprobleme, die das Bild vieler Stadte pragen? In diesem Kapitel wird ein Uberblick uber die Anfange der Stadtentwicklung in den USA gegeben, der Boom der Industriestadt zur American Metropolis beschrieben und die aktuellen Wandlungen im Kontext von Postfordismus und Postmoderne analysiert, bevor einzelne aktuelle Entwicklungsmuster in den Folgekapiteln weiter vertieft werden.
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