Kreuzschmerzpatienten in der hausärztlichen Praxis: Beschwerden, Behandlungserwartungen und Versorgungsdaten

2003 
Hintergrund/Ziel: Die Kenntnis der hausarztlichen Versorgungssituation ist essentiell fur die Implementierung evidenzbasierter Leitlinien. In einer Querschnittserhebung mit anschliesender prospektiver Kohortenstudie wurden die Epidemiologie, Krankheitsverlauf, Behandlung sowie Krankheitsvorstellungen und Erwartungen allgemeinarztlicher Kreuzschmerzpatienten untersucht. Methoden: Kreuzschmerzpatienten wurden schriftlich in Hausarztpraxen zu ihren Beschwerden und Behandlungserwartungen befragt. In zwei Telefoninterviews (nach zwei und zwolf Wochen) wurden der Schmerzverlauf und die stattgefundenen Versorgungsleistungen erfasst. Arzte/Arztinnen und Arzthelferinnen notierten die tagliche Gesamtzahl von Praxisund Kreuzschmerzpatienten. Ergebnisse: 17 von 35 angeschriebenen Hausarzten (49 %) im Bezirk Sudoldenburg nahmen an der Studie teil. 127 Patienten beteiligten sich an der schriftlichen Befragung, 49 am Telefoninterview nach zwei Wochen (40 nach zwolf Wochen). Die mittlere 1-Wochen-Pravalenz von Kreuzschmerzpatienten in der hausarztlichen Praxis betrug 7,9 %, die Inzidenz 5,5 %; 19 % der Patienten litten an Rezidiven ihrer Kreuzschmerzen. Nach zwolf Wochen klagten trotz Therapie noch 55 % der teilnehmenden Patienten unter fast taglichen bis haufigen Kreuzschmerzepisoden. 54 % von 127 Patienten hatten vor der Hausarztkonsultation bereits versucht, ihre Schmerzen mit Bewegung oder Schmerztabletten zu kurieren. Vom Arzt wunschten sie sich nicht Diagnostik, sondern die Behandlung ihrer Schmerzen, wobei 23 % Spritzen fur die sinnvollste Therapie hielten. In der arztlichen Behandlung wurden NSAR sowie physikalische und physiotherapeutische Masnahmen eingesetzt. 28,5 % von 49 Patienten erhielten intramuskulare Injektionen. Uberweisungen erfolgten zu Orthopaden und Neurologen, nicht jedoch zu Psychotherapeuten. Bewegung wurde 62,5 % von 40 Patienten zur Linderung ihrer Kreuzschmerzen empfohlen, Bettruhe keinem. Schlussfolgerungen: Kreuzschmerzpatienten in hausarztlichen Praxen leiden vor allem an rezidivierenden und chronischen Beschwerden. In evidenzbasierten Leitlinien empfohlene Basistherapien (Schmerztherapie und Bewegung) wurden von vielen Patienten bereits eigenstandig eingesetzt. Hausarzte griffen vielfach auf alternative, in ihrer Wirksamkeit nicht gesicherte Therapien zuruck, wobei zu einem hohen Prozentsatz (29 %) auch obsolete Verfahren wie intramuskulare Injektionen eingesetzt wurden.
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