Parentifizierung – eine Anwendung im Kontext von Migration und Flucht

2017 
Eine Flucht und die damit zusammenhangenden Prozesse der Migration sind fur eine Familie potenziell eine auserst belastende Erfahrung. Diese kann mit einer Umkehr in der Familienhierarchie einhergehen: Kinder ubernehmen emotionale oder instrumentelle Aufgaben fur ihre Eltern, die eigentlich eine erwachsene Person fur das Kind ausfuhren sollte. Dieses Phanomen wird als Parentifizierung oder Rollentausch bezeichnet. Die Forschung zu Parentifizierung hat den Auswirkungen der Belastungen, denen das Familiensystem gefluchteter Familien ausgesetzt ist, wenig Aufmerksamkeit zukommen lassen. Aus Studien ist bekannt, dass Parentifizierung im Zusammenhang mit Migration haufiger auftritt, jedoch ist fraglich, inwiefern solche Ergebnisse auf die Erfahrung einer erzwungenen Migration ubertragbar sind. Basierend auf einem Uberblick des Forschungsstandes und einem integrativen theoretischen Rahmens nach Jurkovic wird in diesem Artikel erortert, ob gefluchtete Familien aufgrund einer Anhaufung von Risikofaktoren eine besonders vulnerable Gruppe fur Parentifizierung darstellen. Dabei werden einzelne Pradiktoren fur Parentifizierung im Kontext von Migration und Flucht im Rahmen einer systematischen Literaturanalyse betrachtet. Es wird deutlich, dass Risikofaktoren bei gefluchteten Familien nicht nur grundsatzlich zu groser Belastung akkumulieren, sondern dass kumulative Effekte der Wechselwirkungen zwischen den Faktoren das Familiensystem zusatzlich unter Druck setzen. Aus diesem Grund bedurfen Familien mit Fluchtgeschichte unter Berucksichtigung ihrer Autonomie und Selbstwirksamkeit besonderer Unterstutzung auf institutioneller, struktureller und individueller Ebene, um eine uberfordernde Verantwortungsubername der Kinder und Jugendlichen zu verhindern.
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