Der Notfall „geht“ ins Krankenhaus

2020 
Neben einem Anstieg der Fallzahl in deutschen Notfallaufnahmen andert sich dort auch das Spektrum der vorstelligen Patienten. Statt einer Versorgung im vertragsarztlichen Sektor bevorzugen Patienten im akuten Krankheitsfall zunehmend die Notfallaufnahme als Anlaufstelle. Diese Arbeit untersucht das Inanspruchnahmeverhalten sowie dazugehorige Motive von Notfallaufnahmepatienten mit niedriger Dringlichkeit. Anonyme schriftliche Befragung in der Notfallaufnahme des Klinikums Wolfsburg zwischen 12/2015 und 03/2016 mit deskriptiver Auswertung. Teilnahmeberechtigt waren alle Patienten mit niedriger Dringlichkeit (Manchester-Triage-System (MTS), Stufen blau und grun). 81,5 % der Befragten (729 auswertbare von 7000 ausgegebenen Fragebogen) stellte sich zwischen 8:00 und 17:00 Uhr in der Notfallaufnahme vor, 70,1 % waren „Selbstvorsteller“. Am haufigsten (48,3 %) wurde eine vermutete bessere Versorgung als Motiv fur die Inanspruchnahme genannt. 67,8 % der Befragten schatzten sich entgegen der MTS-Stufe als mittelschweren bis lebensbedrohlichen Notfall ein. Als alternative Anlaufstelle wurden 49,2 % eine benachbarte Klinik in der Region wahlen. Die selbsteingeschatzte Behandlungsdringlichkeit der Patienten divergiert mit der Ersteinschatzung nach MTS. Bei akuter Angst um die Gesundheit werden vertragsarztliche Angebote, wie die Notfallpraxis der Kassenarztlichen Vereinigung in unmittelbarer Nahe, unzureichend genutzt. Bisherige Ansatze der Patientensteuerung scheinen in dem von uns untersuchten Setting wenig erfolgreich. Eine Starkung der Notfallaufnahmen als alleinige Anlaufstelle 24/7 bei gleichzeitiger Abschaffung paralleler Versorgungsstrukturen sollte diskutiert werden.
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