Wird mit onkologischen Erkrankungen vor dem Hintergrund psychoneuroimmunologischer Erkenntnisse aktuell angemessen umgegangen

2017 
Die Psychoneuroimmunologie (PNI) untersucht die Wechselwirkungen zwischen Psyche, neuroendokrinem und Immunsystem. Sie tragt damit zur empirischen Fundierung der bio-psycho-sozialen Modellkonzeption George Engels entscheidend bei. Krankheit wird in diesem Modell als Folge eines komplexen, wechselseitigen Zusammenspiels biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren beschrieben, wobei psychologische und soziale Faktoren als hoher komplexe Einflussfaktoren verstanden werden. Aus Sicht der PNI stellt sich daher die Frage, inwiefern sich multiple Stressbelastungen, die im Rahmen einer Krebserkrankung unweigerlich auftreten, ungunstig auf den weiteren Krankheitsprozess auswirken und welche psycho-immunologischen Wirkpfade diesen Zusammenhang vermitteln. Bisherige PNI-Studien zeigen, dass stressassoziierte, psychosoziale Belastungsfaktoren (z.B. Hoffnungslosigkeit, Mangel an sozialer Unterstutzung) einen prognostisch ungunstigen Einfluss auf das immunassoziierte Krebsgeschehen (z.B. Krebsuberwachung, Tumorwachstum) haben. Hierbei sind Cortisol und Katecholamine (Adrenalin, Nor-adrenalin) als wesentliche Stressmediatoren anzusehen. Erste PNI-Ergebnisse liegen auch zu psychologischen Positivfaktoren (z.B. positiver Affekt, soziale Unterstutzung) mit einer gunstigen Beeinflussung immunologischer Prozesse bei Krebs vor. Daruber hinaus sprechen Interventionsstudien fur eine entzundungsreduzierende Wirkung von unterschiedlichen psychosozialen Interventionen (z.B. kognitiv-behaviorale, achtsamkeitsbasierte Ansatze) bei onkologischen Patienten, auch wenn sich die Datenlage in diesem Bereich bisher noch als inkonsistent erweist. Um solchen inkonsistenten Ergebnissen der PNI-Forschung in Zukunft methodisch besser begegnen zu konnen, wird fur einen einzelfallbasierten, biopsychosozialen Forschungszugang pladiert, der auf Zeitreihenanalyse und qualitativer Interviewmethodik basiert. Die PNI liefert, wie in dieser Arbeit dargestellt, eine klare empirische Evidenz zur komplexen Verflechtung zwischen psychosozialen Prozessen und biologisch-krebsassoziierten Vorgangen. Diese Tatsache gilt es in der Diagnostik und Behandlung von onkologischen Patienten zwingend zu berucksichtigen.
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