Nocebo, Aufklärung und Arzt-Patienten-Kommunikation

2020 
Negative Vorerfahrungen, Beobachtungen und Erwartungen konnen Nocebo-Effekte bedingen. Diese sind fur einen erheblichen Teil der Nebenwirkungen bei medizinischen Behandlungen verantwortlich und werden insbesondere bei der medizinischen Risikoaufklarung ausgelost. Dies zeigen u. a. Studien, in denen eine Patientengruppe nicht oder abweichend aufgeklart wurde. In Medikamentenstudien aus dem Bereich der Neurologie und Psychiatrie werden Nebenwirkungen und Studienabbruche regelmasig auch in Placebogruppen beobachtet. Die zugrunde liegenden neurobiologischen Mechanismen wurden insbesondere fur Nocebo-induzierten Schmerz experimentell untersucht, wobei mittels funktioneller Bildgebung die spezifisch beteiligten Hirnareale identifiziert sowie Effekte im Dopamin‑, Endorphin- und Cholecystokininsystem gezeigt wurden. Nocebo-Effekte sind spezifisch, d. h., es treten genau die Symptome auf oder werden verstarkt, uber die im Rahmen der Aufklarung gesprochen wurde. Dennoch ist Aufklarung unabdingbar. Sie kann jedoch deutlich weniger schadigend erfolgen, wenn auf unnotige Wiederholungen verzichtet wird, Missverstandnisse erkannt und ausgeraumt werden, positive Formulierungen verwendet und mehrere Moglichkeiten aufgezeigt werden. Zudem sollte unbedingt zusammen mit dem Risiko etwas Positives genannt werden, etwa der Nutzen der betreffenden Therapie, die ergriffenen prophylaktischen Masnahmen oder die fruhe Erkennung und Behandlung einer sich entwickelnden Nebenwirkung. Der beste Schutz vor einem Aufklarungsschaden ist eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung. Mangelnde Kenntnisse und fehlende Masnahmen gegen diese ernst zu nehmende Gefahrdung von Patienten konnen nach heutigem Wissen als Behandlungsfehler angesehen werden.
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