Entwicklung und Bewertung von Automation. Vom Auto zur Bahn und zurück.

2006 
Eisenbahnen gelten als besonders sicheres Verkehrsmittel. Um diesen Zustand mit wachsenden Anforderungen zu halten, werden technische Systeme eingesetzt, die die Bediener entlasten und uberwachen. Hierbei sind zwei Effekte in der letzten Zeit beobachtet worden: zum einen werden die Bediener – hier insbesondere die Stellwerksbediener – von immer mehr Routinehandlungen entlastet. Unter den verbleibenden seltenen oder ungewohnlichen Bedienungen ist der Anteil mit Sicherheitsrelevanz deutlich angestiegen [Pachl 2003]. Zum zweiten zeigt sich in einer anderen Untersuchung, dass die meisten Unfalle in betrieblichen Situationen geschehen, in denen die technischen Systeme nicht oder nur eingeschrankt funktionieren, wie z.B. Bauzustande oder Ruckfallsituationen [Braband 2004]. Die Unfalle in diesen Situationen sind nicht nur haufiger, auch ihre Auswirkungen sind schwerwiegender. Die Sicherheit des Bahnbetriebs ist also die resultierende Sicherheit des Gesamtsystems bestehend aus Bedienern und technischen Systemen. Die Bewertung der Sicherheit des Bedieners ist hierbei ein erheblicher Faktor. Ein etwas anderes Bild ergibt sich im Bereich des automobilen Verkehrs. Die Automatisierung ist hier weit weniger fortgeschritten, so dass im Wesentlichen der Fahrer verantwortlich ist fur die Fahrzeugfuhrung. Entsprechend liegen auch die Ursachen fur Unfalle haufig beim Fahrer, wobei Schatzungen davon ausgehen, dass zwischen 70 und 97% aller schweren Unfalle durch Fehler des Fahrers verursacht werden. Eigene Untersuchungen [Vollrath, Briest, Drewes 2006] zeigen, dass hier einerseits Probleme bei der Informationsaufnahme, andererseits fehlerhafte Entscheidungen die wesentlichen Fehlerursachen sind. Hier wird zunehmend versucht, diesen Fehlern durch eine hohere Automatisierung entgegenzuwirken. Um dies zu erreichen, werden neben Unfallanalysen Untersuchungen im Realverkehr und in Fahrsimulationen durchgefuhrt, um so Ursachen fur Fehler und eine zu hohe Beanspruchung einer direkten Beobachtung und Analyse zuganglich zu machen, aus der sich Anforderungen an Automation ableiten lassen. Der Umgang mit der Automation und dabei moglicherweise neu auftretende Probleme muss dann in einem weiteren Schritt wiederum zunachst in einer Fahrsimulation und dann im realen Verkehr uberpruft werden, um einen sicheren Umgang mit der Technik zu gewahrleisten. Im Vortrag werden diese Aspekte fur den Bereich Automotive am Beispiel von drei Studien kurz dargestellt: Einer In-Depth-Unfallanalyse, einer Studie zu Kreuzungsfahrten und einer Entwicklung einer situations- und fahreradaptiven Fahrerassistenz. Die dabei eingesetzten Methoden zur Versuchsdurchfuhrung und Auswertung, der Befragung des Fahrers hinsichtlich Beanspruchung und Fehlerursachen, der Untersuchung des Fahrerverhaltens und der Reaktionen im Verkehr und der Bewertung von Systemen konnen auf den Bereich Bahnsysteme ubertragen werden. Voraussetzung ist eine geeignete Infrastruktur, die im Bereich Bahnsysteme vorhanden ist und zukunftig fur die Beantwortung derartiger Fragen genutzt werden soll.
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