Die ambulante Soziotherapie nach § 37a SGB V ist gescheitert
2012
Die Unzulanglichkeiten des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in Deutschland schlagen sich insbesondere bei der Behandlung und Betreuung psychisch kranker Menschen nieder. Der Entstehungszusammenhang im Hinblick auf die ambulante Soziotherapie nach §37a SGB V ist hierfur ein klassisches Lehrbeispiel. Die 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts waren vor dem Hintergrund der grosen Psychiatrie-Modellprogramme der 70erund 80er-Jahre zunachst von einer gewissen Erschopfung im Hinblick auf die Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung gepragt. Gleichwohl setzte sich langsam die Erkenntnis durch, dass neben dem Aufbau von Sonderinstitutionen wie sozialpsychiatrischen Diensten und psychiatrischen Institutsambulanzen zur Versorgung schwerer psychisch Kranker mit komplexem Versorgungsbedarf auch die medizinische Regelversorgung gestarkt werden musste. Ambulante Soziotherapie sollte der Testfall werden. Der Grundgedanke der ambulanten Soziotherapie war, niedergelassenen Nervenarzten/ Psychiatern die Moglichkeit zu geben, unter Einbezug von Soziotherapeuten auf die Bedarfe von Patienten zugeschnittene Komplexleistungen in ihr Behandlungsprogramm zu integrieren. Der gesetzlichen Verankerung von Soziotherapie ging ein vom Bundesministerium fur Gesundheit initiiertes und in Tragerschaft der Spitzenverbande der gesetzlichen Krankenkassen durchgefuhrtes Modellprojekt „Ambulante Rehabilitation psychisch Kranker“ voraus. Die beteiligten Krankenkassen waren von Beginn an eher widerstrebend, einen solchen Modellversuch durchzufuhren. So wehrte sich der Bundesverband der AOK dagegen, dass die Krankenkassen alleine mit der Finanzierung von Soziotherapie belastet werden sollten. Fur die damalige Vorstandsvorsitzende der AOK Niedersachen war Soziotherapie der Versuch einer Verlagerung von Leistungen der offentlichen Hand zulasten der Krankenkassen. In dem 3-jahrigen Modellprojekt konnte der Nachweis geliefert werden, dass Soziotherapie ein praktikables und wirksames Instrument zur Rezidivprophylaxe darstellt. Es konnte auch belegt werden (soweit dies in einem Projekt mit nur 3-jahriger Laufzeit moglich ist), dass den Ausgaben fur Soziotherapie ganz erhebliche Einsparungen an stationaren Behandlungskosten gegenuberstehen [1]. Soziotherapie sollte im Rahmen des Gesamtpakets der Gesundheitsreform 2000 gesetzlich verankert werden. Fur viele uberraschend tauchte aber Soziotherapie im Referentenentwurf zur Gesundheitsreform 2000 nicht auf. Durch Intervention auf verschiedenen politischen Ebenen wurde Soziotherapie in letzter Minute doch noch als §37 a SGB V in den Gesetzentwurf aufgenommen. Es dauerte 2 Jahre bis nach einem qualend langen Diskussionsprozess die Durchfuhrungsrichtlinien zu diesem Gesetz vorlagen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2002 war damit Soziotherapie endgultig verordnungsfahig. Durch die Durchfuhrungsrichtlinien und durch die nachfolgenden „Begutachtungsrichtlinien Ambulante Soziotherapie“ des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zieht sich wie ein roter Faden das Bemuhen, den Umfang der Soziotherapie-Verordnungen moglichst gering zu halten und Leistungen auszuschliesen, die der Leistungspflicht der Sozialhilfe oder anderer Kostentrager zugeordnet werden konnen. Eine rigide Einschrankung von Durchfuhrungsmoglichkeiten wurde von den Krankenkassen schon bei der Einfuhrung der „Rehabilitationseinrichtung fur psychisch Kranke (RPK)“ praktiziert. Ein nach jahrelangen zahen Verhandlungen zwischen den beteiligten Sozialleistungstragern gefundener Kompromiss wurde von den Krankenkassen durch plotzliche Vorgabe eine MindestPro
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